Vorsitzende des AStAs der Uni Augsburg: Für wen lohnt sich ein BAföG-Antrag?
Frau Heeg, vor wenigen Wochen wurde der neue Bundeshaushalt für das kommende Jahr vorgestellt. Erschreckenderweise wird an einigen Positionen sehr stark gekürzt – unter anderem auch beim BAföG, was sagen Sie dazu?
Die Kürzungen sollen ja, wie versprochen, keinen Einfluss auf die Förderung aktuell BAföG-Berichtigter haben, allerdings halten wir es für sehr problematisch, dass zukünftige Antragsteller:innen möglicherweise nicht mehr die gleiche Förderung erhalten könnten, wie aktuell.
Schon die jetzigen Sätze und auch der bürokratische Aufwand stehen nicht im Verhältnis zum tatsächlichen Bedarf. Mit den angekündigten Kürzungen stehen besonders zukünftige Studierende vor größeren Herausforderungen.
Wie wichtig ist BAföG Ihres Erachtens nach?
Die Förderung ist unglaublich wichtig! Ich kenne zahlreiche Studierende, die sich ohne BAföG ein Studium schlichtweg nicht einrichten könnten. Auch Nebenjobs sind manchmal einfach nicht drin, da es sich beim Studium um eine Vollzeitbeschäftigung handelt und die Zeit in die Ausbildung gesteckt werden muss.
Wer keine Unterstützung von seinen Eltern erwarten kann, muss anderweitig seine Lebenshaltungskosten finanzieren – dafür ist das BAföG gedacht. Außerdem denke ich, dass es Studierenden zu mehr Selbstständigkeit verhelfen kann, wenn die Finanzierung nicht von den Eltern abhängig ist.
Die Mittel, die bisher von der Regierung für das BAföG eingeplant wurden, wurden leider nie vollständig ausgeschöpft, da die Antragstellung recht kompliziert ist.
Ich ermutige aber alle Studierenden, es einmal zu probieren, denn auch eine niedrige Förderungssumme kann eine gute Entlastung sein. Viele Studierendenwerke, Organisationen oder Studierendenvertretungen bieten auch BAföG-Beratungen an, also im Zweifel einfach mal nachfragen.
Wie ist das eigentlich mit dem BAföG an der Universität in Augsburg – gibt es viele Studierende, die BAföG beziehen oder ist das eher weniger ein Thema – und wenn ja, haben Sie eine Erklärung dafür parat?
Die konkreten Zahlen sind uns bedauerlicherweise nicht bekannt. Allerdings ist klar, dass deutlich weniger Studierende BAföG beziehen, als berechtigt wären. Die Finanzierung des Studiums ist immer ein großes Thema, besonders mit den aktuell stetig steigenden Preisen in fast allen Lebensbereichen.
Vielen Studierenden ist nicht klar, dass und in welcher Höhe sie förderungsberechtigt wären und stellen deshalb keinen Antrag.
Die Antragstellung ist auch nicht besonders niedrigschwellig, sodass es für einige den Aufwand für eine niedrige Förderungssumme „nicht wert“ ist, oder andere Schwierigkeiten haben, die Unterlagen ihrer Eltern zu bekommen, aber kein elternunabhängiges BAföG beantragen können.
Wie hoch sind denn die Hürden, um BAföG zu beantragen?
Für viele ist besonders der bürokratische Aufwand ein abschreckender Faktor. Jedes Jahr einen Antrag ausfüllen, ständig Änderungen beim eigenen Einkommen oder dem Ausbildungsstatus von Geschwistern angeben und am Ende fehlen doch immer irgendwelche Dokumente – das kann schon nervenaufreibend sein.
Darüber hinaus ist der Kontakt zu den Eltern nicht für alle Studierenden selbstverständlich und deren Steuererklärung wird jedes Jahr gebraucht.
Der Erstantrag ist besonders mühsam, die Folgeanträge und BAföG-Digital sind einfacher zu handhaben. Für mich persönlich ist durch einen verlässlichen Kontakt zu den Eltern und im fünften Jahr der Antragstellung eine ganz gute Routine entstanden.
Na, wenn das so kompliziert ist, wird man es sich als Studierende:r tatsächlich zweimal überlegen diesen Antrag zu stellen. Aber gibt es speziell an der Universität Augsburg eine Alternative für BAföG?
Die Universität selbst hat keine (regulären) eigenen Mittel, um Studierende ähnlich zum BAföG zu unterstützen. Es gibt allerdings Förderprogramme und Stipendien z. B. von der Stadt oder Stiftungen, wie das Deutschlandstipendium oder die Studienbeihilfe der Stadt Augsburg. Doch für alle finanziellen Förderungen gibt es bestimmte (teilweise sehr unterschiedliche) Vergabekriterien.
Welche Rolle spielen studentische Initiativen oder Organisationen bei der Unterstützung von Studierenden mit finanziellen Schwierigkeiten?
Einige Initiativen an unserer Uni unterstützen und beraten Studierende ehrenamtlich zu den Möglichkeiten finanzieller Unterstützung. Eine gute Anlaufstelle ist i. d. R. das Studierendenwerk selbst, dem auch das Amt für Ausbildungsförderung angegliedert ist.
Wichtig ist, denke ich aber auch, dass alle Studis der nächsten Generation Tipps zur Studienfinanzierung und bestehenden Programmen weiter geben oder man sich einfach offen über die Möglichkeiten zur Finanzierung austauscht.
Inwiefern sind Sie als Vertreter/in der Hochschulen bereit, gemeinsam mit anderen Institutionen und Organisationen zusammenzuarbeiten, um die Unterstützung von bedürftigen Studierenden zu verbessern?
Wir stehen in ständigem Austausch mit verschiedenen universitären und außeruniversitären Einrichtungen sowie den Bayerischen Studierendenvertretungen, um die finanzielle Lage von Studierenden zu verstehen und Problemstellen weiter zu kommunizieren.
Die Bereitschaft dazu besteht schon immer und wir werden nicht müde, deutlich zu machen, dass es zahlreiche Studierende gibt, die niedrigschwellige und ausreichende Unterstützung benötigen. Etwa ein Drittel der bundesweit Studierenden lebt unterhalb der Armutsgrenze. Das sind Zahlen, die immer wieder ins Bewusstsein gerufen werden müssen.
Ein Drittel? Das ist krass! Was würden Sie sich von der Politik wünschen, um diese Situation zu ändern?
Dass Studierende nicht vergessen werden! Für eine gute Ausbildung an den Hochschulen brauchen wir eine gute Grundlage.
Nicht nur die mögliche Höhe der Förderung ist dabei zu bedenken, sondern einfache Antragstellung, ausreichend Anlaufstellen, bezahlbarer Wohnraum, Förderung von Auslandsaufenthalten oder längere Förderung, wenn der Erwerb weiterer Qualifikationen z. B. durch Praktika und Ehrenamt die Studiendauer verlängert.
Vielen Dank für das Gespräch!
(THWA)