Auf mündliche Prüfungen vorbereiten
Schriftliche Prüfungen kennen wir alle dank Schullaufbahn zur Genüge. Aber bei einer mündlichen Prüfung ist wohl jeder erstmal ziemlich unsicher. Warum? Weil uns die Übung fehlt!
Wie oft musstest du dich schon in einem mündlichen Test bewähren? Also ich kann die Male tatsächlich an einer Hand abzählen. Dementsprechend nervös war ich auch bei meiner ersten mündlichen Prüfung an der Universität.
Ich hatte gar keine richtige Vorstellung davon, was mich erwartet. Schlussendlich habe ich aber auch diese Situation gemeistert und muss gestehen: Ja, am Ende lagen mir mündliche Leistungsabfragen viel mehr als die schriftliche Version. Schlimmer noch, ich hatte Spaß dabei. Im Folgenden zeige ich dir, wie auch du dich optimal auf deine mündliche Prüfung vorbereiten kannst.
Wie läuft eine mündliche Prüfung ab?
Die meisten Studierenden haben einfach keine genaue Vorstellung, was sie in dieser Situation erwartet. Das schürt Unsicherheit und vielleicht sogar Angst. Aber wenn du weißt, wie der Ablauf sein wird, kannst du sicherlich viel entspannter in das Prüfungsgespräch hineingehen, denn eigentlich ist das Setting ganz angenehm.
Meistens sitzen nur 2 Menschen vor dir. Neben dem/der Prüfenden gibt es immer jemand, der/die protokolliert. Gemeinsam legen diese am Ende die Note fest. Die Prüfungsdauer ist im Schnitt 30 Minuten bis maximal, in seltenen Fällen, eine Stunde. Das hängt ganz vom Studiengang ab.
Tipp: Wirf einen Blick in die Prüfungsordnung. Hier ist der formale Ablauf jeder Prüfung dargelegt.
Am Anfang werden sich die Beisitzenden vorstellen und du wirst gefragt, ob du dich körperlich fit fühlst, um die Prüfung abzulegen.
In der Regel geht der Test mit einer offenen Frage los, welche in das Thema einführen soll. Hier solltest du frei referieren können. Danach können dann deutlich differenziertere Fragen folgen.
Oft ergibt sich aus dem gerade Gesagten schon die nächste Frage. Im besten Fall wird sich so ein Gespräch auf wissenschaftlichen Niveau entwickeln. Das kann dann für alle sehr spannend und angenehm sein.
Am Ende wirst du kurz vor die Tür gebeten, damit sich die beiden beraten können. Im Anschluss wird man dir im persönlichen Gespräch deine Note mitteilen und ein Feedback geben. Auch wenn das schwerfällt, hör gut zu, vielleicht bekommst du ein paar wichtige Tipps für die Zukunft.
Wie bereitet man sich am besten auf mündliche Prüfungen vor?
Zunächst wäre rechtzeitig mit Lernen anzufangen eine gute Idee. OK, Spaß beiseite. Dass du natürlich deinen Stoff pauken musst, versteht sich von selbst. Denn nur, wenn du das Gefühl hast, fachlich fit zu sein, kannst du auch selbstbewusst und einigermaßen gelassen in die Prüfung gehen.
Wichtig sind vor allem die Fachbegriffe, die du unbedingt draufhaben solltest. Genauso wie die bekannten Autor:innen auf dem jeweiligen Gebiet.
Wie auch bei einer Klausur oder anderen schriftlichen Wissenstests solltest du für dich selbst herausfinden, wie du am besten lernen kannst. Zum Beispiel über die Frage, welcher Lerntyp du bist. Es gibt viele Wege, erfolgreich und effizient zu lernen. Falls du den Richtigen für dich noch nicht gefunden hast, helfen dir vielleicht diese Beiträge weiter.
Geh in die Sprechstunde
Nachdem du dir einen Überblick über den Stoff erarbeitet und ein solides Basiswissen über den Wissensbereich angeeignet hast, wird es Zeit, sich in die Höhle des Löwen zu trauen. Melde dich für die Sprechstunde des Prüfenden an. Das hat gleich mehrere Vorteile für dich.
So kannst du ihn oder sie auf einer persönlicheren Ebene kennenlernen und im Gespräch herausfinden, wie der oder diejenige tickt. Welchen Sprachjargon hat dein Gegenüber oder wie formuliert er oder sie selbst: Eher streng und akkurat oder, ganz im Gegenteil, ausschweifend? Ist jemand detailverliebt oder bringt viele Beispiele?
Das alles sind nützliche Informationen für dich und zeigen dir eine Richtung, wie du dich eventuell selbst ausdrücken kannst.
Des Weiteren kannst du natürlich inhaltliche und formelle Fragen loswerden. Wichtig ist, nicht einfach in das Gespräch hineinzustolpern. Sei vorbereitet und überlege vorher, was du konkret in dem Gespräch erfahren möchtest. Notiere dir vorher schon ein paar Fragen, dann ergibt sich auch gleich ein roter Faden für das Gespräch. Und nicht vergessen, das ist deine erste Möglichkeit, einen guten Eindruck zu hinterlassen, also nutze sie auch.
Fragen für die Sprechstunde:
- Müssen mögliche Prüfungsthemen im Voraus festgelegt werden?
- Soll ein Impulsvortrag vorbereitet werden oder wird es ein offenes Gespräch geben?
- Sind Notizen in gewissem Umfang erlaubt?
- Gibt es dafür Literaturempfehlungen?
- Werden beide Prüfer:innen Fragen stellen?
Frei Sprechen oder wie sag’ ich’s?
Jetzt sind schon zwei große Aufgaben geschafft. Du hast dir das nötige Wissen angeeignet und deine:n Prüfer:in kennengelernt und weißt dadurch, mit wem du es zu tun hast. Vielleicht habt ihr auch über die Prüfungssituation selbst sprechen können, sodass du eine bessere Vorstellung hast, was dir bevorsteht.
Ein weiterer sehr wichtiger Punkt deiner Vorbereitung ist das freie Sprechen. Hier stehen dir viele Übungsmöglichkeiten zur Verfügung. Zum einen kannst du das Gelernte einfach mal selbst laut formulieren. Das ist am Anfang sicherlich noch etwas holprig, aber es wird mit der Zeit flüssiger.
Außerdem merkst du sehr schnell, wenn du etwas noch nicht wirklich verstanden hast. Dann klappt es nämlich ganz und gar nicht mit dem sprachlichen Formulieren und es endet mit einem vor sich hin stottern.
Tipp: Macht eine Lerngruppe auf. Dann könnt ihr euch gegenseitig den jeweiligen Lernstoff erklären und vor allem die eigentliche Prüfungssituation üben. Das hilft enorm, Ängste vor diesem unbekannten Setting abzubauen.
Überlege dir, welche relevanten Fragen auf dich zukommen könnten und beantworte sie laut. Dabei gibt es natürlich ganz konkrete Fragen, aber auch sogenannte offene Fragen. Beide zu beantworten, solltest du proben.
Gerade bei offenen Fragen ist es hilfreich, sich eine gedankliche Struktur zurechtzulegen. Vom Allgemeinen ins Detail zum Beispiel. Erkläre Fachbegriffe oder setze den Fokus auf einzelne Aspekte.
An dieser Stelle kannst du dir auch schon Beispiele überlegen, welche du später eventuell verwenden kannst. Das zeigt den Prüfenden, dass du dich mit dem Stoff wirklich auseinandergesetzt hast und ihn verstanden hast.
Fragen nach deiner Meinung bzw. Einschätzung werden sicherlich auch auf dich zukommen. Überlege dir jetzt schon deine Antworten!
Nimm dir auch ruhig die Zeit, innerlich noch einmal nachzuhören, was du gerade gesagt hast. Möchtest du etwas ergänzen oder korrigieren? Wenn du diesen Moment der Rekapitulation zu Hause geübt hast, fällt es dir später in der Stresssituation sicher leichter das Gleiche zu tun.
Die Kleidung macht’s
Noch ein kleiner Punkt zum Schluss, der nichts mit dem Lernen zu tun hat. Auch dein Äußeres solltest du in die Vorbereitungen einbeziehen. Nimm dir einen Moment, um darüber nachzudenken, welchen Eindruck du erwecken möchtest. Ähnlich einem Vorstellungsgespräch willst du dich von deiner besten Seite präsentieren. Das heißt, deine Kleidung sollte sauber, gebügelt und geruchsfrei sein.
Kleide dich ruhig etwas schicker. Verpass dir eine ansprechende Frisur und übertreibe es nicht mit dem Make-up, schließlich möchtest du seriös und professionell wirken.
Wirf gerne auch einen Blick auf deine Schuhe. Sind die schmutzig oder kannst du schon den großen Zeh sehen? Dann wäre es Zeit, zu handeln. Saubere Fingernägel schaden ebenfalls nicht. Mit dieser Vorbereitung kann eigentlich nichts mehr schiefgehen.
Checkliste für den Tag davor:
• Leg dir deine Kleidung zurecht. Gerne darf es etwas schicker sein.
• Pack deine Tasche mit allem Notwendigen.
• Mach dir was zu essen zum Mitnehmen.
• Pack dir eine Flasche Wasser dazu.
• Weißt du genau, wann du wo sein musst? Zimmernummer?
• Wann fährst du los? Hast du einen Puffer eingeplant?
• Brauchst du noch irgendwelche Unterlagen oder Dokumente?
• Pack ein Deo ein.
Wie schaffe ich die mündliche Prüfung?
Als allererstes empfehle ich dir dringend: Sei pünktlich. Am besten 10 Minuten vor der Zeit. Wer zu spät kommt, wirft kein gutes Licht auf sich. Wenn du die Hürde des pünktlichen Ankommens genommen hast, geht es viel entspannter in die Prüfung.
Lächeln macht glücklich
Schon wenn du den Raum betrittst, kannst du alle für dich gewinnen. Geh hocherhobenen Kopfes, mit einem offenen Lächeln hinein. Begrüße alle Beteiligten freundlich und versuche selbstbewusst aufzutreten. So hat dein Gegenüber gleich das Gefühl, da sitzt jemand, der gut vorbereitet ist.
Das entspannt die Lage auf allen Seiten sofort, denn niemand hat Spaß daran, einen Ahnungslosen mühsam durch die Prüfung zu manövrieren. Da ist dann von vornherein auf beiden Seiten die Luft raus.
Selbstverständlich bleibst du während der ganzen Zeit höflich und respektvoll und redest niemandem ins Wort. Man könnte die Situation mit einem Vorstellungsgespräch vergleichen. Auch hier stellst du deine Kompetenz unter Beweis und möchtest mit guten Manieren glänzen.
Nicht zuletzt, versuche den Blickkontakt zu halten. Schau nicht die ganze Zeit auf den Boden oder an die Decke. Die Personen, die dein Wissen abfragen, sitzen direkt vor dir und nicht irgendwo im Raum. Wenn du die beiden im Auge behältst, erkennst du außerdem an den Gesichtern, ob das, was du sagst, auch passt.
Atmen hilft
Tatsächlich kannst du über deine Atmung viel steuern. Tiefes Einatmen und dann sehr langsames Ausatmen entspannt deinen Körper sofort. Auch ein stummes Seufzen während des Ausatmens baut enorm Stress ab.
Vielleicht schaffst du es, während der Prüfung immer mal wieder ganz bewusst tief ein und ganz langsam wieder auszuatmen. Du wirst merken, dass dein Kopf sofort etwas klarer wird. Außerdem kannst du dir so immer wieder kleine Pausen einbauen.
Wenn du magst, dann mach vorher schon ein paar Atemübungen. Solange du dich auf deinen Atem konzentrierst, wird es schwieriger, dich in die Situation reinzustressen.
Reden, reden, reden
Schweigen mag zwar Gold sein, in einer Prüfung ist es aber definitiv die schlechtere Option. Also: Rede mit den Prüfenden. Erkläre deine Gedankengänge laut. Grüble nicht im Stillen über eine mögliche Antwort vor dich hin. Beziehe dein Gegenüber in deine Überlegungen mit ein. So ergibt sich, wie gesagt, im besten Fall ein Gespräch auf fachlichem Niveau.
Auch wenn du den Faden zu verlieren drohst, können so alle Beteiligten besser nachvollziehen, wo du stehst und eventuell eine Hilfestellung geben.
Natürlich kannst du dir jederzeit einen Moment der Ruhe und des Nachdenkens erlauben. Niemand erwartet, dass deine Antworten wie aus der Pistole geschossen kommen. Nur minutenlanges Schweigen wäre eher ungünstig, nicht umsonst heißt es mündliche Prüfung.
Falls du gar keinen Zugang zur gestellten Frage findest, sag es! Niemand reißt dir den Kopf ab. Ganz im Gegenteil, das kann dann zum Beispiel den Impuls geben, dass die Frage umformuliert wird oder ein anderer Weg eingeschlagen wird, um sich dem Thema zu nähern.
Tipp: Achte auf dein Sprechtempo. Im Stress neigt man dazu, schneller zu reden. Langsam und deutlich zu sprechen kann man vorher gut üben.
Blackout, was jetzt?
Manchmal hat man aber tatsächlich nur noch Leere im Kopf. Was nun? Klar, die Situation ist erstmal sehr unangenehm, aber kein Weltuntergang. Die meisten Menschen waren schon mal genau in der gleichen Lage. Was du jetzt tun solltest, ist Ruhe bewahren.
Trink einen Schluck Wasser, atme tief durch, lass ganz bewusst deine Muskeln los. Öffne deine mit Sicherheit geballten Fäuste, lass die Schultern wieder runterfallen. Lass deinen Körper nicht verkrampft sitzen, sondern lockere dich ganz gezielt und bewusst. Das gibt auch deinem Gehirn das Signal, alles ok, kein Grund zur Panik.
Wenn du aber merkst, dass Angst aufkommt, schüttle dich einmal und sage dir innerlich Stop! Oder steh kurz auf und geh ein paar Schritte. Durch die Bewegung wird ein Teil des Adrenalins abgebaut, es entsteht keine Angststarre und die Muskeln werden aufgelockert.
Außerdem kannst du versuchen, dich auf etwas Anderes zu konzentrieren. Hörst du vielleicht Vögel zwitschern? Motorengeräusche? Mitunter hilft diese Fokussierung auf die Umgebung und die dadurch entstandene Ablenkung vom Thema dem Hirn wieder auf die Sprünge.
Wenn nix hilft, dann sag einfach, dass du ein Blackout hast. Die wenigsten Prüfer:innen lassen dich in solch einer Situation hängen.
Nutze die gewonnene Erfahrung
Grundsätzlich empfehle ich dir, nach jedem Test, nochmal das Erlebte zu rekapitulieren. Einfach um für dich selbst zu erkennen: Wo war ich richtig gut? Was möchte ich in Zukunft besser machen?
Ganz sicher werden immer wieder Situationen in deinem beruflichen Leben entstehen, die (entfernt) an eine mündliche Prüfung erinnern. Gerade im Wissenschaftsbereich. Es ist daher immer von Vorteil, wenn man vor anderen Menschen frei sprechen kann.
Nutze einfach jede Situation, die sich dir bietet, um über etwas zu referieren. Je öfter du das machst, umso leichter wird es dir fallen, deinen Mitmenschen strukturiert eine Thematik darzulegen.
Das soll aber nicht heißen, dass du deine Freunde mit stundenlangen Monologen über dein favourite Thema quälen sollst!
Das Studentenwerk der Universität Stuttgart bietet allen Studierenden eine Lernberatung an. Die Studenten werden in Gesprächen beraten oder können an Workshops teilnehmen, die auf anstehende schriftliche und mündliche Prüfungssituationen vorbereiten.
Schau doch mal an deiner Uni, ob es auch bei dir solche Angebote gibt!
(Studentenwerk Oldenburg/Universität Stuttgart/Deutschlandfunk/CHHI)