Kurzzeitgedächtnis trainieren
Dein Gedächtnis ist eines deiner wichtigsten Tools im Studium. Sowohl Langzeit als auch Kurzzeitgedächtnis bringen dich durch deine Prüfungen. Ohne geht es nicht und daher ist es eine gute Idee, beide gut zu trainieren.
Im Grunde tust du das schon, durch dein absolut regelmäßiges und kontinuierliches Lernen. Solltest du aber komplett wider Erwarten jemals in die Situation kommen, spontan etwas behalten zu müssen – kommen hier ein paar Ideen, wie du das bewerkstelligen kannst.
Kurzzeitgedächtnis – was genau ist das eigentlich?
Umgangssprachlich meinen wir mit Kurzzeitgedächtnis (KZG), dass wir uns etwas für ein paar Stunden oder Tage merken müssen, zum Beispiel für eine Klausur. Danach brauchen wir dieses Wissen eigentlich nicht mehr und können es wieder vergessen.
Neurologisch betrachtet, funktioniert es nicht ganz so. Das Gedächtnis ist eigentlich ein theoretisches Konstrukt und die Übergänge nicht haarscharf abgrenzbar. Es beginnt mit dem Ultra-Kurzzeitgedächtnis bzw. sensorischen Gedächtnis, das im Grunde eine Vor-Filterung der über die Sinnesorgane eingehenden Informationen leistet. Ohne diese erste Stufe wäre unser KZG vollkommen überlastet.
Das eigentliche KZG ist verantwortlich für das Behalten einer nicht komplexen Information für wenige Sekunden. Zum Beispiel, dass du jetzt noch weißt, was am Anfang dieses Absatzes stand.
Ohne KZG würden wir nicht überleben
Im Alltag ist es essenziell. Dieses Gedächtnis ermöglicht dir quasi erst, überhaupt zu funktionieren. Es speichert, was du gerade gelesen hast, lässt dich deinem Gegenüber zuhören und auf das Gesagte eingehen, oder zeigt dir, wo du deinen Kaffee gerade abgestellt hast.
Es hilft dir an der Straße nicht überfahren zu werden, weil du dir für wenige Sekunden merken kannst: links kam kein Auto. Brauchst du diese Erinnerung noch in der Vorlesung? Nein, eher nicht. Also weg damit. Es ist im Grunde genommen ein Flaschenhals, durch den alle Informationen durch müssen, wenn sie ins Langzeitgedächtnis wandern sollen.
Allerdings klappt das manchmal nicht. Wie oft liest du die Zubereitungsinfo auf dem TK Pizzakarton? Ich in der Regel mindestens dreimal. Keine Ahnung warum es so schwer ist, sich 220 Grad Umluft zu merken.
Du siehst, unser Kurzzeitgedächtnis ist wirklich wichtig, um unser Leben in Schach zu halten. Zum Lernen benötigen wir aber eine etwas permanentere Erinnerungsform. Zu Beginn muss der Lernstoff allerdings besagten Flaschenhals erfolgreich passieren. Von da ab, gibt es Methoden, den Stoff langfristiger in unserem Gehirn zu verankern. Wie lang das Gelernte dann dort bleibt, hängt ganz von dir ab!
Was stärkt das Kurzzeitgedächtnis?
Dein KZG ist das Einstiegslevel für alle Informationen, die du so täglich sammelst. Vom Einkaufszettel über einen Filmtitel bis hin zu mathematischen Formeln, alles kommt durch diese Pforte in dein Gehirn. Es ist also durchaus hilfreich, schon auf dieser Stufe des Erinnerns fit zu sein. Denn wenn du schnell etwas auswendig lernen möchtest, funktioniert das nur über ein gut trainiertes KZG.
Wie kann man Kurzzeitgedächtnis trainieren?
Kognitives Training ist also wichtig. Dank deines Studiums bist du eigentlich sowieso besser im Lernen als die meisten anderen erwachsenen Menschen. Ganz einfach, weil du (sicherlich) kontinuierlich, Lernstoff paukst. Und tatsächlich ist das auch unser erster Tipp: Lerne regelmäßig. Nichts trainiert dein Gehirn besser als das.
Hast du aber doch mal den Anschluss verloren, ist das kein Drama. Hier ein kleiner Leitfaden, wie du schnell auswendig lernen kannst:
- sei möglichst ausgeschlafen
- nimm eine leichte Mahlzeit zu dir, nichts, was dich müde macht
- suche dir eine ruhige Umgebung
- konzentriere dich auf den Stoff, keine Musik, kein TV im Hintergrund
- lass am besten dein Handy aus
- trinke genug
- mache regelmäßig Pausen
- wiederhole nach jeder Zwischenpause das bereits Gelernte
- geh spazieren, Bewegung hilft deinem Hirn
Mit diesem Vorgehen, kannst du, mit einem gut trainierten Gedächtnis, schnell ein paar Fakten in dein Gehirn bekommen und so kleine Klippen im Studium gut meistern.
Welche Informationen merken wir uns am besten?
Dir ist bestimmt schon aufgefallen, dass du dich an manche Dinge ewig erinnern kannst, geradezu mühelos. Das erste Mal, dass dir das Herz gebrochen wurde? Hast du garantiert noch glasklar vor Augen. Vermutlich eine Erinnerung, auf die du wenig wert legst, die aber trotzdem nicht schwindet.
Warum? Weil sie verbunden ist mit tiefen Emotionen. Dein erstes großes Konzert? Ganz genauso noch immer in deinem Kopf. Auch hier spielen wieder Emotionen eine Rolle, du hast bestimmt getanzt, gesungen und viele verschiedene Gefühle während des Konzertes gespürt – und Dinge, die uns tief berühren, bleiben in aller Regel in hängen. Sie waren sozusagen sehr eindrücklich.
Mit allen Sinnen lernen
Inwiefern hilft dir das jetzt beim Lernen? Ziemlich viel. Denn die Erkenntnis daraus lautet: nutze deine Sinne und Emotionen zum Lernen, verknüpfe möglichst viele Regionen in deinem Gehirn mit dem Stoff. Damit meinen wir nicht unbedingt, dass du laut weinen sollst, auch wenn es der Situation vielleicht angemessen ist.
Aber, Informationen bleiben länger hängen, wenn wir sie uns auf verschiedenen Wegen zuführen. Es hilft dir, dir Dinge zu notieren, laut zu lesen, eventuell grafisch aufzubereiten. So wandern sie einfacher in Richtung Langzeitgedächtnis.
Versuch doch mal spaßeshalber, den Lernstoff zu singen. Klingt eventuell seltsam, spricht aber mehrere Regionen in deinem Gehirn an und schafft somit mehr Verknüpfungen.
Je mehr Bereiche deines Gehirns du ansprichst, um so besser. Werde aktiv. Du kannst beispielsweise auch einen Themenbereich mit einer Bewegung verbinden. Sei kreativ und intuitiv, denn die wenigsten Menschen können stundenlang über ein Buch gekrümmt ruhig sitzend gut lernen. Eher schläfst du ein.
Entspannt lernt es sich am besten. Das ist natürlich schwierig, wenn du unter Zeitdruck stehst. Versuche dennoch bewusst zu atmen, die Anspannung aus deinem Körper nehmen und mit einem klitzekleinen Lächeln ans Werk zu gehen.
Welche Übungen helfen für das Gedächtnistraining?
So weit, so gut. Was kannst du nun täglich tun, um dein Hirn fit zu halten? Neben den weiter oben bereits genannten Tipps gibt es noch weitere Möglichkeiten dein KZG in Schuss zu halten bzw. optimal zu nutzen.
Grundsätzlich ist es so, dass dein Gehirn nur bedingt viele Informationen gleichzeitig aufnehmen, verarbeiten kann. Deswegen unser vorheriger Tipp, dich an einen möglichst ruhigen Ort ohne große Ablenkung zu begeben, um zu lernen. Aber auch im Alltag hilft dir dieses Wissen.
Forschende haben herausgefunden, dass wir uns in einer Lernumgebung, die der Prüfsituation entspricht, besser erinnern können. Soll heißen, du lernst in der Uni am Schreibtisch am besten. Ähnliches Setting, schon ist der Lernstoff schneller parat.
Mit Ruhe zum Lernerfolg
Ist alles enorm hektisch, wird sich dein KZG weigern, etwas aufzunehmen. In Ruhe und mit Fokussierung klappt es besser. Wenn du zu den Menschen gehörst, die sich selbst als schusselig wahrnehmen, liegt es vielleicht gar nicht unbedingt an dir, sondern deinem viel zu turbulenten Leben.
Langfristig könnten dir also Meditationen oder eine andere Art der Entspannung helfen. Yoga oder Ausdauersport können ebenfalls sinnvoll sein. Finde etwas für dich, das dir beim Abbau von Adrenalin und Anspannung ermöglicht.
Lerne, dich zu fokussieren
Bestimmt ist dir schon mal dieses berüchtigte Thema namens „Achtsamkeit lernen“ untergekommen. Daraus ist in den letzten Jahren geradezu ein Trend entstanden, der dann in dem Buch gipfelte: Achtsam morden.
Das sollst du nun natürlich nicht tun. Aber sich darin zu üben ist durchaus sehr sinnvoll. Denn so lernst du, dich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die Information, die wichtig ist, landet in deinem Speicher, und nicht das ganze Wirrwarr drumherum. Der Flaschenhals wird sozusagen optimal genutzt.
Fällt es dir schwer, dich zu konzentrieren, weil dir nicht relevante Gedanken durch den Kopf schwirren? Versuch, die Gedanken aufzuschreiben. Kategorisiere sie schriftlich in „jetzt unwichtig“ und „jetzt wichtig“. Dann leg den Zettel zur Seite. Vielen hilft das, um den Gedanken zumindest für eine gewisse Zeit loszuwerden.
Chunks – mundgerechte Lernhäppchen
Ein weiterer Tipp, um dein KZG zu trainieren, ist eine Methode namens Chunks. Hierbei teilst du die Informationen in kleinere, überschaubare Einheiten, den Chunks auf, um sie leichter zu merken.
Die Idee dahinter ist, dass wir Menschen uns maximal sieben Informationen auf einmal merken können. Haben wir also eine siebenstellige Zahl, sollten wir uns theoretisch alle Stellen ad hoc merken können.
Einfacher wird es aber, wenn du dir zum Beispiel nur drei Einheiten merken musst. Ein Beispiel: 01012024. Versuche dir die Zahl so zu merken. Eher schwierig. Aber wenn du daraus für dich den 01.01.2024 machst, kannst du dir die Zahlenfolge (hoffentlich) problemlos merken. Zum einen hast du sie in drei statt acht Häppchen aufgeteilt, zum anderen kannst du sie dir als den ersten Tag des Jahres abspeichern.
Das funktioniert auch mit anderen Sachen und nicht nur bei Zahlen. Probiere es einfach mal aus. Fasse Lernstoff oder Ähnliches in kleine Sinneinheiten zusammen, schon wird es leichter.
Visualisierung und Assoziationen
Ein weiterer Weg, das KZG zu fördern und zu fordern, ist es, sich die Dinge bildlich vorzustellen. Beispielsweise für Studierende der Geschichtswissenschaften. Konferenzen, Schlachten und Ähnliches kann sich jeder gut ausmalen und vorstellen. Aber auch für alle anderen gilt: Fantasie hilft.
Mach es deinem Gehirn einfacher und gib ihm neben der puren Information noch ein Bild dazu, damit es mehr Verknüpfungen erstellen kann. Auch bei ganz abstrakten Dingen wie einer Zeitleiste kannst du Bilder verwenden.
Stelle dir die besagte Leiste vor und versehe die Daten zusätzlich mit einem Bild. 1883 führte Otto von Bismarck ein Gesetz zur Krankenversicherung von Arbeitern ein. Ganz sicherlich fällt dir dazu ein Bild ein. Ein Arbeiter, der mit Grippe im Bett liegt und der gute Bismarck väterlich daneben. Kann man sich merken.
Das Gleiche bei Assoziationen. Hier versuchst du die neue Information mit etwas zu verbinden, das dir bereits bekannt ist. Du schaffst dir also eine neue Gedankenverbindung. Das ist eigentlich nichts anderes als eine Art Brainstorming und funktioniert auch über Gefühle, Gerüche, Geschmack usw..
Genau so hast du unter anderem gelernt, dass Zitronen nicht süß, sondern sauer sind. Und wetten wir, dass du gerade – zumindest innerlich – ein wenig das Gesicht verzogen hast bei dem Wort Zitrone?
Spielerisch das KZG herausfordern
Für dein Handy gibt es eine schier unüberschaubare Anzahl an Spielen, die dir beim Gedächtnistraining helfen können. Viele sind kostenlos. Warum nicht einfach auf dem Weg zur Uni im Bus oder der U-Bahn ein wenig Memory spielen, anstatt auf Social Media den anderen beim Leben zuzuschauen?
Das geht auch analog. Schau aus dem Fenster und versuche dir spontan fünf bis sieben Sachen zu merken, die du siehst. Eine Eiche, grünes Auto, ein Mann mit Hund, ein geöffnetes Fenster gegenüber und eine Taube. Nach ein paar Minuten versuchst du, die Sachen wieder aufzuzählen. Wenn es dir Spaß macht, teste einfach, wie lange du jeden Punkt im Kopf behältst.
Weißt du jetzt, wie du das Gesehene länger behalten kannst?
Tipp: schreib es auf, sag es mehrmals laut, singe es, stell dir alles genau dabei vor, gebe jedem einzelnen Detail deine ungeteilte Aufmerksamkeit und es wird dir leichter fallen, alles im Kopf zu behalten
Mache neue Erfahrungen
Wissenschaftler:innen sagen, dass unser Gehirn am meisten gefördert wird, wenn wir neue Erfahrungen machen und das gewohnte Terrain verlassen. Etwas vollkommen Neues zu erleben, schafft sofort neue Verknüpfungen in deinem Kopf.
Das fängt bei kleinen Dingen an. Mal zur Abwechslung nicht das Huhn süßsauer bestellen, sondern eine andere Variante. Unbekannte Ecken deiner Stadt erkunden, das Land verlassen und andere Kulturen kennenlernen. Die Möglichkeiten sind grenzenlos. Alles, was nicht deinen Routinen entspricht, schafft Herausforderungen für dein Gehirn. Es muss aktiv werden und die Eindrücke verarbeiten.
Dazu gehört auch, ein Musikinstrument oder eine neue Sprache zu lernen. Vielleicht versuchst du dich in einer neuen Sportart? Du könntest mit dem Tanzen anfangen. Denn auch deine Motorik ist wichtig für deine Gehirnleistung. Muss dein Körper einer bestimmten Schrittfolge bzw. einem Bewegungsablauf folgen, werden sofort verschiedene Areale deines Denkapparates gefordert.
Also - probier dich aus. Erkunde die Welt und erhöhe damit deine Gedächtniskapazität. Nutze spielerisch deine Umgebung und sei kreativ. Das alles macht dich früher oder später zum Masterbrain. Je mehr du übst, umso einfacher wird es, deinen Uni-Stoff im Kopf zu verankern. Los geht’s!
(Universität Basel/Uni Jena/CHHI)