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Im Studium länger krank – was tun?

Junge Frau im Wartebereich im Gang einer Klinik. Sitzt auf Stuhl.
Auch während des Studiums kann man gesundheitlich länger ausfallen. (Foto: ©stock.adobe.com/Gorodenkoff)
Ein paar Tage krank sein, ist im Studium kein Problem. Was aber, wenn man länger, z.B. wegen einer psychischen Erkrankung, ausfällt? Worauf ist dann zu achten?
Mittwoch, 09.10.2024, 10:00 Uhr, Autor: Christine Hintersdorf

Manchmal läuft es einfach nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Eben noch fröhlich studiert und plötzlich passiert etwas und du musst länger pausieren. Ein Unfall, der dich länger außer Gefecht setzt oder ein psychisches Leiden wie Depression kann jeden jederzeit treffen.

Keine Sorge, das ist kein Weltuntergang, wenn du weißt, was zu tun ist. Auf jeden Fall bietet dir deine Uni immer die Möglichkeit, in Ruhe gesund zu werden. Wir zeigen dir, wie du deine Auszeit regeln kannst. 

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Krank im Studium – Anleitung

Die meisten planen in ihrem Studium erstmal nicht mit einem oder mehreren Urlaubssemestern. Der Titel klingt auch irreführend. Es handelt sich dabei eigentlich um eine Beurlaubung vom Studium. Tatsächlich nutzen die wenigsten diese für Urlaub, sondern eher im Krankheitsfall oder Auslandssemestern bzw. längerem Praktikum.

Wenn sich also eine Erkrankung hinzieht, oder du schon von vornherein weißt, dass deine Genesung länger dauern wird, gibt es damit eine Möglichkeit an der Uni zu pausieren, ohne dass du dadurch Nachteile erfährst. In der Regel kannst du im Anschluss nahtlos weiterstudieren.

Wie beantrage ich ein Urlaubssemester

Der erste Blick richtet sich immer auf die Homepage deiner eigenen Universität oder die Studienordnung. Dort ist vermerkt, wie der Prozess abläuft. Sollte das wieder erwarten nicht der Fall sein, ist das Immatrikulationsbüro deine erste Anlaufstelle. Dort kann man dir weiterhelfen, beziehungsweise dich an die richtigen Ansprechpartner weiterleiten.

Beachte bitte: Urlaubssemester kannst du nicht rückwirkend beantragen

Jede Uni kann dabei selbst darüber verfügen, wann sie Urlaubssemester gewährt und wann nicht. Auch darf sie darüber entscheiden, was berechtigte Gründe dafür sind und wie lange eine Beurlaubung generell möglich ist. Meistens sind das bis zu vier Semester. Aber deine Uni kann durchaus davon abweichen. Verlasse dich also bitte nicht auf diese Zahl. 

Den Antrag auf Beurlaubung richtest du immer schriftlich an die Hochschulverwaltung deiner Universität. Das kann das Studierendensekretariat oder das Immatrikulationsamt sein. Hierfür stehen dir entweder direkt Formulare zur Verfügung oder vielleicht sogar eine Möglichkeit das ganze online zu erledigen.

Antrag auf Urlaubssemester gilt immer nur für eins

Eine solche Beurlaubung erfolgt immer semesterweise. Benötigst du mehr als eins, musst du einen neuen Antrag stellen. Am besten ist, den Antrag zusammen mit deiner Rückmeldung einzureichen. Natürlich geht das nicht immer, schließlich kannst du auch mitten im Semester krank werden. Also gilt, sobald du sicher weißt, dass du länger nicht die nötigen körperlichen, geistigen oder mentalen Kapazitäten zum Studieren aufbringen kannst, solltest du die Auszeit einreichen. 

Wie gesagt, dafür bedarf es immer einer schriftlichen Begründung. Hilfreich ist es, ein ärzt­liches Attest über die vorübergehende Studierunfähigkeit mitzuliefern. Allerdings kann es natürlich auch sein, dass gar nicht du selbst die/derjenige bist, der betroffen ist. Zum Beispiel kann eines deiner Elternteile schwer erkrankt und vorübergehend auf deine Hilfe angewiesen sein. Auch das berechtigt dich für ein Aussetzen des Studiums.

Gründe, denen in der Regel stattgegeben wird: 

  • eigene Erkrankung
  • Schwangerschaft, Mutterschutz, Elternzeit
  • Betreuung eines Kindes bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres
  • Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger
  • Mitarbeit in einem studentischen Gremium

Das Urlaubssemester wird dir übrigens nicht als Fachsemester angerechnet. So sieht es später nicht so aus, als ob du einfach mal ein oder zwei Jahre länger als alle anderen gebraucht hättest. Dennoch bist du in der Zeit ganz regulär eingeschrieben

Was musst du während des Urlaubssemesters beachten?

Was in dieser Zeit nicht geht, sind Prüfungen ablegen oder Credits einholen. Wenn du krankgeschrieben bist, solltest du dich auskurieren und ganz sicherlich nicht an der Uni rumgurken.

Nicht zu vergessen sind die Auswirkungen auf deinen BAföG-Anspruch. In den ersten drei Monaten deiner Krankschreibung, steht dir noch BAföG zu, danach leider nicht mehr. Erst mit der Wiederaufnahme deines Studiums bekommst du wieder Geld.

Allerdings steht es dir offen, Leistungen zum Lebensunterhalt nach SGB II oder SGB XII zu beantragen, wenn du sonst keine Einnahmequellen hast. Das kannst du ab dem vierten Monat tun. Eventuell steht dir sogar weiterhin Kindergeld zu. Eine gute Anlaufstelle, um das alles abzuklären, ist die Sozialberatung des zuständigen Studierendenwerks an deiner Uni. Hier kann man dir sagen, wie es finanziell für dich weitergehen kann.  

Was du unbedingt tun solltest, bevor du den Antrag stellst:

  • finanzielle Auswirkung auf BAföG, Stipendien etc. überprüfen
  • deine finanzielle Absicherung klären
  • prüfungsrechtlich Auswirkungen erfahren
  • Rechte und Pflichten erkundigen

Blöd wird es nur, wenn deine Hochschule die Möglichkeit per Studienordnung einräumt, das Studium auch während der Urlaubssemester weiter zu betreiben. Dann droht dir der Verlust des Anspruchs auf Bürgergeld. Du musst dann gegebenenfalls nachweisen, dass ein Weiterstudium krankheitsbedingt faktisch ausgeschlossen ist. Das geht, wenn du beispielsweise im Krankenhaus oder Reha bist. 

Zum Abschluss noch das Thema der Krankenversicherung, die ja nicht ganz unwichtig ist. Jeder Studierende ist trotz Urlaubssemester ganz regulär krankenversichert - ohne Wenn und Aber. An dieser Stelle brauchst du dir also schon mal keine Sorgen zu machen. 

Sonderfall: Psychische Erkrankung

Soweit so gut. Was aber, wenn dir einfach die Kraft fehlt, dich um all diese Dinge zu kümmern? Gerade bei einer Depression oder einem Burnout ist das ziemlich realistisch. Zum Glück kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken.

Mit einer psychischen Erkrankung bist du als Studierende:r nicht allein. Die Zahlen sprechen für sich. Von 2016 bis zum 2021 hat sich die Anzahl der Studierenden mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen von 11 Prozent auf 16 Prozent erhöht.

Auffällig ist dabei der deutliche Anstieg von psychischen Erkrankungen. Ihr Anteil ist von 2016 bis 2021 um 12 Prozent angewachsen, das heißt konkret von 53 Prozent auf 65 Prozent. Die mentale Belastung hat scheinbar für viele zugenommen. Hinzu kommt, dass viele psychische Erkrankungen gerade in der Zeit zwischen dem Ende der Pubertät und dem 24 Lebensjahr auftreten – und damit genau in der Uni-Phase.

Also, wenn du selbst betroffen bist, ist das kein Grund für Scham oder sich zu verstecken. Ganz im Gegenteil. So schwer wie es dir wahrscheinlich fallen wird, aber sprich über deine Erkrankung! Igel dich nicht ein. Gerade Mut-Killer wie Depressionen oder Angststörungen sind weit verbreitet und führen häufig dazu, dass Betroffene sich zurückziehen. Das ist exakt die falsche Richtung. 

Du bist nicht allein! Bitte deine Familie, Freunde und Kommilitonen um Hilfe. Du wirst sehen, dass viele Menschen dich gerne unterstützen werden – nur ansprechen musst du sie selbst. 

Manchmal kann auch ein stationärer Aufenthalt infrage kommen. Keine Sorge. An jeder Klinik, egal ob reguläres Krankenhaus oder ein Bezirkskrankenhaus, gibt es Sozialarbeiter:innen, die dich unterstützen. Diese helfen dir bei Anträgen oder Behördengängen und erledigen notfalls auch Telefonanrufe. Vor allen Dingen wissen sie Bescheid darüber, was in deiner Situation zu tun ist. Frag bei der Stationsleitung nach, die stellen dir dann den Kontakt her.  

Bist du zu Hause und vollkommen überfordert, gibt es auch hier Hilfe. An jeder Universität gibt es Beratungsstellen für derartige Situationen. Über das Studierendenwerk werden in aller Regel folgende Optionen angeboten:

  • Psychologische Beratung
  • Sozialberatung
  • Studienfinanzierungsberatung
  • Beratung für Studierende mit Behinderung und chronischer Krankheit
  • Beratung für Studierende mit Kind

So schwer es dir vielleicht in deiner Situation fallen mag – nutze diese Angebote! Versuche, dich trotz allem aufzuraffen. Um Hilfe zu bitten, ist in deiner Situation fast schon unumgänglich. Es ist einfach nicht die Zeit für (unnötige) Scham. Jeder Mensch braucht in seinem Leben irgendwann einmal die Hilfe von anderen. Niemand kommt ganz allein durch sein Leben. Zu sagen, was du brauchst, ist auch eine Stärke.

Studiendauer, Regelstudienzeit – kannst du verlängern?

Natürlich verlängert sich deine Studienzeit, wenn du ein oder mehrere Urlaubssemester genommen hast. Wie schon erwähnt, zählen diese Monate aber nicht als Fachsemester, sodass du ganz regulär innerhalb deiner Regelstudienzeit bleiben kannst. Und selbst, wenn du diese trotzdem noch sprengst, gibt es weitere Möglichkeiten.

Denn generell steht es dir offen, dein Studium jederzeit zu verlängern. Wie lange genau regelt das Prüfungswerk deiner Hochschule. Das können im Bachelor bis zum Beispiel insgesamt 10 Semester sein. Im Master dürfen meistens 8 Semester zusammenkommen. Wenn du also länger brauchst, passiert dir erstmal nichts. Du machst einfach weiter.

Allerdings solltest du dich mit deiner Prüfungsordnung auseinandersetzen. Nicht jede Klausur oder Prüfung kann problemlos verschoben werden. Das gilt selbstverständlich auch, wenn du trotz einer Zusatzbelastung wie Krankheit oder Pflege von Angehörigen regulär weiter studiert hast und keine Urlaubssemester genommen hast. 

Was passiert in der Verlängerung

Beziehst du BAföG, könnte es jedoch etwas brenzlig werden. Ab dem 5. Semester musst du Leistungsnachweise vorlegen. Passiert dies nicht, droht das Ende der Zahlungen. Im Allgemeinen ist das BAföG an die Regelstudienzeit gekoppelt.

Es bedarf triftiger Gründe, um darüber hinaus Unterstützung zu erhalten. Eine schwerwiegende Erkrankung ist ein solcher Grund. Um das zu belegen, solltest du, again, ärztliche Atteste vorlegen können. Sprich mit deinem:r zuständigen Sachbearbeiterin vor Ort. Die wissen am besten, was zu tun ist.

Bezüglich deiner Krankenversicherung bleibt trotz dem Überschreiten der Regelstudienzeit alles im grünen Bereich. Zumindest bis zu deinem vollendeten 29. Lebensjahr. Danach musst du dich selber versichern. Nicht ganz billig, aber ohne geht es nicht. 

Kommunikation ist der Weg zum Erfolg. Sitze deine Misere nicht einfach aus, sondern suche und nutze Hilfsangebote

Einige wenige Hochschulen erheben zudem Langzeitstudiengebühren – quasi ein bisschen zur Abschreckung – ab dem fünften Zusatz-Semester. Die können dann vergleichsweise hoch ausfallen. Das Schlimmste, was passieren kann, ist jedoch die Zwangsexmatrikulation.

Dafür musst du wirklich Jahre vor dich hin studiert haben, ohne jemals das Gespräch mit einem:r Verantwortlichen gesucht zu haben. Definitiv nicht die beste Lösung. Egal in welcher Situation du bist, rede darüber, such dir Hilfe! Merkst du also, das geht sich nicht aus, ab zur Studienberatung!

Was ist ein Nachteilsausgleich im Studium?

Zieht sich deine Erkrankung und du willst trotz Beeinträchtigungen weitermachen und Prüfungen ablegen, steht dir die Möglichkeit offen, einen Antrag auf Nachteilsausgleich zu stellen. Hierzu solltest du, wie so oft, einen Blick in die Studienordnung deiner Hochschule werfen. Dort sind die Voraussetzungen und Bedingungen geregelt. Zuständig ist der Prüfungsausschuss. Dieser entscheidet über deine Anfrage.

Mit einem solchen Nachteilsausgleich soll dir das Studium zwar erleichtert bzw. dein durch die Erkrankung entstandener Nachteil gegenüber anderen Studierenden ausgeglichen werden, aber die Prüfungsinhalte und -anforderungen bleiben dieselben. Zu den Erkrankungen zählen Bewegungs- und Sinnesbeeinträchtigungen, langanhaltende chronisch-somatische oder psychische Er­krankungen, genauso wie Teilleistungsstörungen, beispielsweise Legasthenie und Autismus. Nicht zu vergessen sind Krankheitsbilder die episodisch Verlaufen, also zum Beispiel Rheuma.

Du benötigts zunächst die Beglaubigung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung oder eine amtliche Feststellung über eine Behin­derung. Ohne die geht nix. Deinen Antrag stellst du stets schriftlich. Eventuell gibt es dafür schon Vordrucke. Wenn nicht, kein Problem.

Ganz wichtig: Schreibe anschaulich und ausführlich, welche Beeinträchtigung(en) dich davon abhalten, deinStudium, deine Prüfungen oder Klausuren regulär abzulegen. Schreibe auch unbedingt, was dir helfen würde, die Prüfung besser zu verkraften. Das kann so aussehen, dass du zum Beispiel um mehr Pausen bitten kannst.

Ein ärztliches Attest ist wie immer hilfreich. In diesem sollte ebenfalls das Krankheitsbild beschrieben werden, eventuell sogar mit Handlungsempfehlungen für die Hochschule. Wende dich auf jeden Fall auch an die jeweilige Beratungsstelle. Die Menschen dort haben Erfahrungen mit derartigen Situationen und können dir wertvolle Tipps geben.

Beachte unbedingt, dass eine nachträgliche Berücksichtigung nicht möglich ist. 

Bitte kümmere dich rechtzeitig um den Nachteilsausgleich und nicht erst kurz vor der Angst. Schließlich braucht auch der Ausschuss etwas Zeit, um über dein Anliegen zu beraten und gegebenenfalls Vorbereitungen treffen zu können. Du erhältst die Entscheidung immer schriftlich. Ist die Antwort nicht in deinem Sinne, kannst du noch Rechtsmittel einsetzen

Denke immer daran, deine Gesundheit ist wichtiger als jeder Hochschulabschluss! Stelle dich und dein Wohlbefinden an erste Stelle. Lass dich von niemandem unter Druck setzen und nimm dir die Zeit und Hilfe, die du brauchst. 

(Deutsche Studierendenwerk/CHHI)

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