Betroffen: Umgang mit Depressiven
Wenn jemand aus deinem Freundes-, Familienkreis oder dein:e Partner:in die Diagnose Depressionen bekommen würde, wüsstest du dann, was zu tun ist? Viele wissen nicht, wie man sich den Erkrankten gegenüber richtig verhält und auch nicht, wie man ihnen helfen kann.
Genau das haben wir versucht, für dich herauszufinden:
- Wie äußern sich Depressionen?
- Wie als Angehörige:r mit depressiven Menschen umgehen?
- Wie kann man depressiven Menschen helfen?
- Warum es wichtig ist, auch auf dich selbst zu achten ...
Wie äußern sich Depressionen?
Depressionen werden nicht ohne Grund oft als ’unsichtbare Krankheit’ betitelt, weil viele Betroffene es schaffen, die Symptomen für sich zu behalten, zu überspielen und vor allem im sozialen Kontakt ganz normal zu wirken. Das macht die Erkrankung aber auch so gefährlich – denn sie ist schwer für Außenstehende zu identifizieren.
Warum das so ist, wird deutlich, wenn man sich die Symptome anschaut:
- depressive oder gedrückte Laune,
- keine Freude mehr, weniger Interesse
- erhöhte Müdigkeit und Antriebslosigkeit
- Konzentrationsprobleme
- Schlafstörungen
- veränderter Appetit
Das alles sind Dinge, die Erkrankte vor anderen ‚verstecken‘ oder unterdrücken können. Die ganze Bandbreite an Symptome kommt dann eher auf, wenn sie alleine zu Hause sind – also an den Abenden, Wochenenden oder im Urlaub.
Tricky kann auch sein, dass, selbst wenn schlechte Laune, Müdigkeit und Schlafprobleme zusammenkommen, es nicht immer gleich eine Depression sein muss. Jede:r von uns hat auch mal lustlosere Phasen im Leben. Sollte dieser Zustand aber über einen längeren Zeitraum anhalten und immer belastender werden, raten wir zu professioneller Hilfe.
Jemand in deinem nahen Umfeld oder du selbst weist viele der genannten Symptome auf? Dann solltest du dir Unterstützung suchen, um herauszufinden, ob es eine temporäre Verstimmung ist oder Depressionen sein könnten.
Wie als Angehörige:r mit depressiven Menschen umgehen?
Es ist nicht leicht, mit Personen klarzukommen, die an einer psychischen Erkrankung leiden, vor allem dann nicht, wenn sie durch diese eingeschränkt sind. Depressionen können durch Müdigkeit, Lust-, Kraft- und Motivationslosigkeit genauso wie Überforderung sichtbar werden. Viele Betroffene fühlen sich dadurch ganz alltäglichen Aufgaben nicht mehr gewachsen.
Oft versucht man deswegen, als Nahestehende:r Erkrankte zu entlasten, indem man ihnen bestimmte Dinge abnimmt, für sie erledigt oder versucht sie dazu zu motivieren. Das kann aber längerfristig dazu führen, dass man selbst überfordert wird und auch wütend, eben weil das zu einer echten Belastung für Menschen aus dem Umfeld von Depressiven werden kann.
Was kannst du also tun, um unterstützend da zu sein, ohne, dass es dir selbst zu viel wird?
- Geduld haben: Heilung ist ein Prozess mit Höhen und Tiefen – bei Depressionen vielleicht noch stärker als bei anderen Erkrankungen. Wichtig hier ist es, dass du versuchst, Ruhe zu bewahren und geduldig zu sein. Es wird Situationen geben, in denen dich der/die Depressive überfordert oder entgegen bestimmten Dingen handelt, die abgemacht waren – da liegt es nahe, erstmal sauer zu werden, aber genau das wäre für dich und die erkrankte Person eher kontraproduktiv. Denn jeglicher Stress von außen tut den Betroffenen, die ja eh schon überfordert mit vielem oder allem sind, nicht gut. Versuch dich also in Geduld ...
- Verständnis zeigen: Es ist definitiv nicht leicht, etwas zu verstehen, zu dem man keinen eigenen Bezug hat: Hattest du also davor nie Berührungspunkte mit psychischen Krankheiten, brauchst du Zeit, dich damit zu akklimatisieren. Depressive fühlen sich oft alleingelassen und unverstanden, d. h. du solltest versuchen, ihnen das Gefühl zu geben, dass du sie verstehst oder – falls du das nicht tust oder nicht kannst – akzeptierst und trotzdem da bist.
- Dich mit anderen austauschen: das können Freund:innen, andere Angehörige oder Fachpersonal sein. Du hast auch die Möglichkeit, selbst Hilfsangebote wie Selbsthilfegruppen für den Umgang mit Depressiven zu besuchen. Mach dir bewusst: du bist nicht alleine und du musst nicht alleine durch diese Situation kommen.
- Hilfe in Anspruch nehmen: Für dich und den erkrankten Menschen gibt es auch professionelle psychologische Unterstützung, wenn du diese wahrnehmen möchtest. Manche Therapieformen binden Angehörige in den Heilungsprozess mit ein ...
- Aufmunternd/positiv kommunizieren: Gutgemeinte Ratschläge, Druck oder gar Vorwürfe solltest du im Umgang mit depressiven Personen vermeiden. Egal, wie gut du das alles meinst, bspw. den ‚liebevollen Arschtritt‘ in die richtige Richtung – lass es. Du kannst Erkrankte am besten mit verständnisvollen und positiven Aussagen erreichen, die ihnen Mut machen und z. B. die kleinen Erfolge loben.
Soll man depressive Menschen in Ruhe lassen?
Zwar stimmt es, dass Ruhe und Erholung bei vielen psychischen Krankheiten helfen, bei Depressionen ist das aber ein bisschen tricky. Hier besteht die Gefahr, dass zu viel Ruhe, vor allem, wenn betroffene Personen sie mit sich alleine verbringen, dazu führt, dass die Depressionen verstärkt werden.
Das heißt: Zu viel Druck und Stress oder auch zu viel Action solltest du Depressiven nicht machen, sie aber komplett in Ruhe zu lassen, ist ebenfalls nicht gut. Hier braucht es die Mitte, denn die soziale Komponente ist für den Heilungsprozess sehr wichtig.
Wie kann man depressiven Menschen helfen?
Als Angehörige:r oder Betroffene:r von depressiven Personen, musst du dir eine Sache bewusst machen: Es ist nicht deine Verantwortung, dass der/die Erkrankte wieder auf die Beine kommt. Du kannst und sollst helfen, aber als Support und nicht mehr – du bist weder Psycholog:in noch Betreuer:in, so hart das jetzt vielleicht klingen mag.
Was du tun kannst, um aktiv zu unterstützen ist ...
- zur Selbsthilfe ermutigen: körperliche Aktivität und soziale Kontakte können Erkrankten beim Genesungsprozess helfen, ebenso Selbsthilfegruppen oder ähnliches. Du kannst versuchen sie dazu zu animieren, mit dir oder anderen bspw. gemeinsam Sport zu machen oder wieder mehr rauszugehen, bspw. zu einem Restaurantbesuch.
- motivierend zur Seite stehen: Alltagssituationen sind für Depressive oft schwer zu bewältigen, deswegen tut es ihnen gut, wenn sie jemanden haben, der ihnen Mut macht, sie darin bestärkt, dass sie bestimmte Dinge schaffen können und der sie daran erinnert, was – egal wie klein – sie schon alles bewältigt haben!
- Gesprächsbereitschaft signalisieren: grundlegend tut es jedem Menschen gut zu wissen, dass jemand da ist, mit dem man reden kann. Auch für depressive Menschen, die sich teilweise durch ihre Erkrankung noch einsamer fühlen, ist das wichtig. Mach ihnen also immer wieder bewusst, dass du da bist, Verständnis hast, sie ernst nimmst und sie sich an dich wenden können, wenn sie sprechen möchten.
- Abweisung nicht persönlich auffassen: Lust-, Antriebslosigkeit und Müdigkeit sind die Hauptsymptome von Depressionen. Es kann immer wieder dazu kommen, dass Personen, die darunter leiden, dir Verabredungen absagen, Vorschläge für Aktivitäten verneinen oder allgemein abweisend reagieren. Mach dir bewusst, dass das nicht deinetwegen passiert, sondern wegen der Krankheit. Versuch also nicht beleidigt, sondern verständnisvoll zu reagieren und trotzdem immer wieder Aktivitäten und Co. vorzuschlagen.
- dich selbst über die Krankheit informieren: auch das hilft Depressiven, denn je besser du dich mit dem Krankheitsbild, den Symptomen und dem Verlauf auskennst, desto besser kannst du die Erkrankten eben verstehen – und auch ihr Verhalten dir gegenüber einordnen.
Warum es wichtig ist, auch auf dich selbst zu achten ...
Aus eigener Erfahrung, mit einem an Depressionen erkrankten Menschen im nahen Familienumfeld, kann ich sagen: Vergiss deine eigenen Bedürfnisse nicht und stell dich nicht immer zurück. Der Drang zu helfen und für nahestehende Menschen da zu sein, ist etwas ganz Natürliches und auch Schönes – aber du musst dabei für dich selbst auch Grenzen setzen.
Depressionen sind einfach keine schöne Sache, für niemanden, der damit in Berührung kommt. Es kann sein, dass du als Freund:in, Angehörige:r oder Partner:in im Umgang mit eine:r Depressiven merkst, dass die Stimmung, Negativität, Müdigkeit und alles, was noch damit zusammenhängt, auf dich abfärbt. Und es gibt ja den tollen Spruch ‚Geteiltes Leid ist halbes Leid‘ – nur bei psychischen Erkrankungen stimmt der Spruch nicht so ganz, denn hier kann aus geteiltem Leid schnell doppeltes Leid werden, wenn du es nicht (rechtzeitig) schaffst, dich innerlich und emotional ein bisschen davon zu distanzieren.
Damit meine ich nicht, dass du jemanden komplett alleine lassen oder abschreiben sollst, du kannst weiterhin für die Person da sein und versuchen sie zu unterstützen, aber du musst dir klarmachen, dass es nicht deine Verantwortung ist und auch nicht sein kann, den depressiven Menschen zu heilen. Du bist auch nicht dafür verantwortlich, wenn mal Phasen kommen, in denen die Depressionen schlimmer werden – und du bist auch nicht daran Schuld.
Es ist eine Gradwanderung zwischen Unterstützung und Abgrenzung, Nähe und gesunder Distanz, die nicht immer optimal zu meistern ist. Aber so wie die Heilung von Depressionen oder das Klarkommen mit ihnen Zeit braucht, braucht es auch Zeit für die Nahestehenden sich damit zu akklimatisieren.
Mach dir bewusst, dass du nur Zeit und Kraft für depressive Menschen aufwenden kannst, wenn du dir auch Zeit und Energie für dich aufsparst. Ich wünsche dir ganz viel Durchhaltevermögen und Positivität, denn der Weg aus einer Depression raus ist auch für die Angehörigen/Partner:innen/Freund:innen kein leichter.
Aufbauend kann ich aber sagen: Mein Verwandter hat ihn beschritten und gerockt – er ist seit 3 Jahren tabletten- und therapiefrei, mental stabil und geht wieder motiviert und positiv durchs Leben :-)
(deutsche-depressionshilfe/oberbergkliniken/AOK/SALI)