Aufgepasst!

Achtsamkeit für den Alltag

Junger, bärtiger Mann liegt am Meer, mit geschlossenen Augen und lauscht seiner Umwelt
Mit Hilfe von Achtsamkeit, kannst du auch lernen, deine Umgebung mehr zu genießen. (Foto: ©stock.adobe.com/BullRun)
Es gibt so Trendbegriffe, denen wir irgendwie andauernd begegnen. Achtsamkeit ist so einer. Was es damit auf sich hat, erzählen wir dir hier. 
Montag, 09.09.2024, 10:15 Uhr, Autor: Christine Hintersdorf

Wenn du durch die sozialen Medien streifst, wirst du früher oder später auf den Begriff der Achtsamkeit stoßen. Auch im restlichen Alltag ist er dir bestimmt schon begegnet. Gerne schieben einem auch Ratgeber oder Freund:innen und Bekannte die Weisheit unter, dass es wichtig ist, achtsam durch sein Leben zu gehen. Aber warum eigentlich? Was soll der ganze Hype?

Achtsamkeit bedeutet zunächst einmal nur: etwas wertfrei zur Kenntnis zu nehmen. Hier und jetzt in diesem Moment wahrzunehmen, was sich um dich herum und in dir befindet. Klingt einfach? Du wirst gleich merken, dass es das leider nicht wirklich ist. 

Warum Achtsamkeit üben?

Du fragst dich, warum das wichtig sein soll? Weil es dir deinen Alltag sehr erleichtern kann. Häufig sind wir alle vollkommen überladen mit Reizen. Musik auf den Ohren, am Handy schnell was gucken, Leute laufen vorbei, du kaust gleichzeitig noch auf deinem Frühstück herum und überlegst in einer Ecke deines Gehirns, wann eigentlich diese Hausarbeit fertig sein muss(te)? Im besten Fall rennst du so noch über eine befahrene Straße.

Bisschen viel auf einmal. Am Schluss stehst du in der Uni und bist dir nicht ganz sicher, wie du genau dahin gekommen bist, ob du jetzt gefrühstückt hast und welche Socken du eigentlich anhast. Das ist ziemlich stressig. Garantiert wirst du auf diese Art irgendwie abgehetzt in der Uni auflaufen. Aber wofür eigentlich? Was hast du gewonnen? Nichts. 

Achtsamkeit heißt auch, erkennen, was wichtig ist

Wir wollen zwar alle ständig Multitasking, alles mitbekommen und viele Dinge gleichzeitig tun, verpassen dadurch dummerweise nur um so mehr. Dein Leben achtsam zu führen heißt somit ein Stück weit auch runterzufahren. Es ist ein Versuch, mit dem „schnell noch“ aufzuhören. Entschleunigung. Vor allem im Kopf. 

Wenn du also anfängst, bewusster durch deinen Tag zu gehen, dann wirst du merken, dass der Stress abnimmt. Das wiederum kann gut dazu führen, dass deine mentale und psychische Gesundheit sich verbessern wird. Wer achtsam ist, ballert sich nicht mehr mit Reizen zu.

Was heißt das schlussendlich? Achtsam sein bedeutet auch, sich selbst wahrzunehmen. Ganz bewusst, sich im Hier und Jetzt zu sehen. Ohne Ablenkung. Und vor allem, auch ohne Wertung. Einfach. Nur. Sein. Ich sage dir, lustig ist das am Anfang nicht.

Die meisten sind es einfach nicht gewöhnt, mal stehenzubleiben und den gegenwärtigen Moment wertungsfrei wahrzunehmen. Die eigenen Gefühle, Gedanken so wie sind anzunehmen. Denn eigentlich sind wir es gewohnt zu bewerten, Schubladen zu finden und von außen unterhalten zu werden. Das ist auch ok so. Es erleichtert uns oft den Alltag, wenn wir nicht über alles nachdenken müssen, sondern sogenannte Automatismen entwickelt haben. Aber dieses Verhalten zu durchbrechen, kann ein Gewinn für dich sein.

Was kannst du erreichen, wenn du dich in Achtsamkeit übst?

  • Verbesserung deiner Lebensqualität – weil du entspannter wirst und du mit etwas Übung mehr Wertschätzung für das alltägliche Leben gewinnst. Du merkst, was wichtig ist, und was vielleicht nicht.
  • Stressabbau – du reduzierst die Reize, nimmst dich selbst besser wahr und kannst so auch deine eigenen Grenzen besser erkennen.
  • Gewohnheiten und Muster erkennen – wir neigen dazu, auf viele Situationen mit routinierten Abläufen zu reagieren. Das spart Hirnenergie. Sorgt aber auch dafür, dass wir sie eben nicht mehr bewusst wahrnehmen. Das hat sicherlich Vorteile, aber leider auch einige Nachteile.
  • Im Hier und Jetzt sein – Weniger permanente Ablenkung für dich im Alltag, mehr innere Ruhe
  • Emotionale Intelligenz steigern – du kannst lernen, deine Emotionen besser zu verstehen und zu regulieren. Nur wenn du deine Gefühle wirklich wahrnimmst, hast du auch die Möglichkeit sie zu verarbeiten.
  • Beziehungen verbessern - wenn du es schaffst, Situationen wertfrei wahrzunehmen, fällt es dir leichter, dein Gegenbüber so anzunehmen wie es ist. 
  • Konzentrationsverbesserung – dank der Übungen, wird es dir leichter fallen, dich auf eine Sache zu fokussieren.

Durch Achtsamkeit schaffst du dir ein Bewusstsein für deine eigenen Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen. Letztendlich ist eine Möglichkeit zu lernen, die Erfahrung des Lebens so zu akzeptieren, wie sie sind, und eine nicht-reaktive Haltung zu kultivieren.

Wie kann man Achtsamkeit trainieren?

Ich habe viele Bücher zum Thema Achtsamkeit gelesen. Sie alle haben vor allen Dingen einen Aspekt immer wieder in den Mittelpunkt gerückt – nämlich  wie wichtig unsere Atmung ist. Klar, wir brauchen wirklich alle Sauerstoff. Nur die wenigsten von uns atmen wirklich bewusst. Oft atmen wir im Alltag eher flach. Schau dir mal, wie Babys es machen! In diesem Alter durchwandert der Sauerstoff noch den ganzen Bauchraum bis hoch in die Schultern. Und so sollte es eigentlich auch sein. 

Atmen lernen

Also, erste Übung, die am besten funktioniert, wenn du dabei liegst und eine Hand auf den unteren Bauch legst, die andere auf die Brust (wie der junge Mann oben im Bild). Bleibe die gesamte Zeit gedanklich bei dem, was du jetzt tust.  Versuche nun bei der Einatmung dahin zu kommen, wo sich deine Hände befinden. Halt einen winzigen Augenblick inne. Dann atme sehr langsam wieder aus. Wirklich langsam. Langsamer! Hol auch das letzte Fitzelchen verbrauchten Sauerstoff aus deinen Zellen! Mach wieder eine kurze Pause und starte von Neuem.

Vielleicht schaffst du das drei, viermal, bis dein Gehirn sich wieder mit etwas anderem beschäftigen will – das ist vollkommen ok. Es heißt ja auch Übung. Du darfst auch schon nach dem zweiten Mal geistig abschweifen. Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Das hier ist kein Wettbewerb. Wenn du diese kleine Übung jeden Tag unterbringst, hast du viel gewonnen. 

Nimm deine Umgebung und dich selbst wahr

Die nächste Übung kann so aussehen: halte einen Moment inne. Schaue dich einfach mal um. Atme dabei tief ein und aus. Was siehst du? Versuche dabei, keine Adjektive zu verwenden. Also nicht: ich sehe einen schönen Baum, einen süßen Hund etc., sondern nur: ich sehe einen Baum, einen Hund, Menschen. Und in dir? Wie sieht es da aus? Was fühlst du? Was sagt dein Körper? Fühlst du eventuell Wut oder, ganz im Gegenteil, Freude? Hast du vielleicht Hunger? Nimm all das einfach wahr. Fertig. Kein warum, weshalb, wieso? Sondern nur spüren, zulassen, akzeptieren. Fühlt sich eigentlich an, wie eine kleine Auszeit, oder? 

Versuche dir solche Momente öfter am Tag zu nehmen. Es sind kleine Unterbrechungen dieses Alltagswirrwarr, das wir alle erleben. Mit der Zeit, wirst du merken, wie gut dir diese Augenblicke tun.

Dinge bewusst tun

Der nächste Schritt ist schon etwas fordernder. Es geht darum, eine einzelne Handlung ganz bewusst zu machen. Nehmen wir den Abwasch. Macht keinen sonderlichen Spaß, ist eher lästig. Ich höre dabei meistens noch Musik, denke über etwas nach und koche nebenbei. Vielleicht geht es dir ja genau so?

Versuch heute mal bewusst abzuwaschen. Also keine Musik oder sonstige Ablenkung. Lasse das Wasser ein und schau einfach nur zu, wie sich das Spülbecken füllt. Spülmittel hinterher, einfach zugucken und dir denken, ´ich lasse jetzt Spülmittel in das Wasser´. Nimm jedes Stück Geschirr bewusst in die Hand. Schau es dir an. Reinige es aufmerksam, lege es in den Abtropfkorb. Lass deine Aufmerksamkeit nicht wandern, bleibe ganz bei dem, was du gerade tust. Vergiss nicht, dabei zu atmen.

Klingt alles nicht absonderlich herausfordernd, es kann aber gut sein, dass du schnell gedanklich abschweifst. Bleib beim Abwasch. Nimm dir ein Glas und denke nur an dieses Glas. Wofür ist es gut? Was tust du damit?

Wenn du es geschafft hast, gedanklich die gesamte Zeit dabei zu bleiben, hast du meinen vollen Respekt. Ich finde das ziemlich anstrengend. Meine Gedanken verhalten sich eher wie ein kleiner Haufen sehr munterer Hundewelpen, die kreuz und quer durchs ganze Haus rennen. Aber genau darum geht es. Sich immer wieder zurückzurufen und zu sagen: ich wasche jetzt ab. Nichts anderes ist wichtig. Mein schmutziges Geschirr hat meine volle Aufmerksamkeit.

Noch ein Beispiel: Wenn du dir die Schuhe anziehst, verfolge das mal mit deinem ganzen Bewusstsein – vom Anfang bis zum Ende. Auf diese Art, gibt es wahnsinnig viele Möglichkeiten, die du für dich nutzen kannst, um deine Achtsamkeit zu schulen. Jederzeit und überall. Wenn du abgelenkt wirst, darfst du dich gedanklich einfach wieder zurückholen. Je mehr solcher Übungseinheiten du absolvierst, um so leichter wird es dir fallen. Du wirst merken, dass sich etwas in dir dadurch verändert

Sich selbst und die Umwelt wahrzunehmen und anzunehmen, schafft eine Art von Klarheit und Einfachheit. Es gibt dir die Möglichkeit, etwas Abstand vom Gewusel um dich herum zu bekommen und durch diese Distanz lernst du mit der Zeit Emotionen und Verhaltensweisen zu regulieren. Du kannst sie mit deutlich mehr Gelassenheit betrachten. Bei dir selbst und bei deinen Mitmenschen

Was ist der Unterschied zwischen Achtsamkeit und Meditation?

Im ersten Moment könnte man versucht sein, beides in einen Topf zu werfen. Natürlich sind beide Begriffe eng miteinander verwebt, aber dennoch geht es um ganz unterschiedliche Dinge. Wobei dir das eine bei dem anderen definitiv helfen kann. 

Den Begriff der Achtsamkeit hast du jetzt schon kennengelernt. Im Grunde geht es dabei um eine geistige Haltung, dich und deine Umwelt bewusst und wertfrei, im Hier und Jetzt, wahrzunehmen.

Bei der Meditation geht es mehr um eine körperlich und geistige Übung. Dank Meditation können wir lernen, unseren Geist zu fokussieren und unseren Körper zu entspannen. Man könnte es auch als ein Konzentrationstraining beschreiben. Der Begriff lässt sich vom lateinischen „meditatio“ ableiten, was so viel wie „das Nachdenken über“ heißt, bzw. „medio“, die Mitte. Und genau darum geht es, nämlich die eigene Mitte finden

Der Sinn und Zweck hinter dem Meditieren kann vollkommen unterschiedlich sein. Manche wollen dadurch spirituelle Einsichten gewinnen. Andere möchten eine innere Ruhe erreichen oder ihren Körper und die Gefühle besser verstehen können. Meditation kann sogar ein Weg sei, die Aufmerksamkeit zu schulen. 

Für all das gibt es sehr gute Übungsanleitungen, die dir helfen, das Meditieren zu erlernen. Allerdings kann ich dir aus eigener Erfahrung sagen, es dauert ein Weilchen, bis man richtig drin ist. Zum Theme Meditation haben wir für dich noch mal einige Fakten und Übungen zusammengefasst. 

(TKK/AOK/CHHI)

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