Von innen stark – Resilienz lernen
Es ist nicht so dein Ding in Krisensituationen einen kühlen Kopf oder innere Ruhe zu bewahren? Grenzen setzen und auf dich selbst und deine Stärken vertrauen fällt dir schwer?
Dann schadet es dir nicht, dich mit Resilienz auseinanderzusetzen und sie zu lernen – im Gegenteil. Wir verraten dir, wie du Resilienz dazu nutzen kannst, viel stressfreier und entspannter durchs Leben zu kommen.
Was ist Resilienz?
Im Grunde versteht man unter Resilienz ’Widerstandsfähigkeit‚ oder ‘innere Stärke’. Im psychologischen Bereich ist damit die Fähigkeit gemeint, ohne große Schäden oder Beeinträchtigungen mit schwierigen Lebenslagen und -situationen umgehen zu können und nicht gebeutelt daraus hervorzugehen. Du kannst dir den Begriff wie einen unsichtbaren Schutzschild vorstellen, der in schwierigen Situationen schützend wirkt.
Resiliente Menschen haben die Gabe, oder Übung darin, Konflikte, Katastrophen oder Krisen, besser zu überstehen. Sie können schneller darauf reagieren, sie verarbeiten und oft sogar etwas Positives daraus ziehen. Woran liegt das?
Das liegt hauptsächlich daran, dass es sich bei Resilienz um eine mentale und psychologische Fähigkeit handelt, die viel mit der persönlichen Einstellung zu tun hat. Und die kann in Krisensituationen dazu führen, dass man eben nicht in Panik verfällt, sondern lösungsorientiert denkt und Ruhe bewahrt. Dadurch wird die ‚Krise‘ von Anfang an schon als nicht so dramatisch – weil lösbar – wahrgenommen.
Ob Resilienz eine Eigenschaft ist, die man ‚im Blut‘ hat, ist noch nicht eindeutig erforscht – klar ist aber: man kann sie lernen.
Ganz gleich wie resilient du schon durch deine Veranlagungen oder deine Lebenserfahrungen bist – du kannst Resilienz erlernen, üben und verbessern.
Was sind die 7 Säulen der Resilienz?
Vor allem die sieben Bereiche
- Akzeptanz,
- Selbstreflexion,
- Optimismus,
- Lösungsorientierung,
- Verantwortung,
- Soziale Vernetzung,
- und Zukunftsorientierung
sind wichtig, um innere Stärke aufzubauen und zu erhalten. Sind sie nicht gut oder gar nicht ausgeprägt, kann sich auch nur wenig Resilienz entwickeln. Das kann verschiedene Gründe haben, bspw. toxische Beziehungsgeflechte, mangelndes Selbstwertgefühl aufgrund schlechter Erfahrungen und vieles mehr.
Stärkst du aber eine oder mehrere der folgenden Fähigkeiten, führt das zwangsläufig zu einer Steigerung deiner Resilienz.
1. Akzeptanz
Damit ist sowohl die Akzeptanz dir gegenüber als auch äußeren Einflüssen und Personen gegenüber gemeint. Wichtig ist, dass du dich selbst, deine Wünsche und Gedanken, aber auch vor allem deine Grenzen akzeptierst. Warum? Weil du nicht für alle und alles verantwortlich bist und du auch nur durch das Setzen von Grenzen äußere Faktoren, die du nicht beeinflussen kannst, akzeptieren lernst.
Frei nach dem Motto: Du kannst nichts dafür, du kannst es nicht ändern, also lern damit zu leben.
Akzeptanz ist eine wichtige Säule der Resilienz, weil dadurch die Grenzen des (eigenen und allgemeinen) Lebens wahrgenommen werden. Mit ausreichend Akzeptanz kannst du dich ihnen stellen und sie akzeptieren lernen – so gibst du deinem Leben Raum für positive Veränderungen.
2. Selbstreflexion
Eng mit der Akzeptanz verbunden, ist auch die Selbstreflexion und -einschätzung. Je besser du dich kennst, in all deinen Stärken und Schwächen, desto besser kannst du dich auch verstehen – und desto leichter kannst du einen Weg finden, dich selbst aus schwierigen Situationen zu befreien. Du weißt nämlich am besten, was dir guttut und dich beruhigt.
Dafür musst du dich aber immer wieder mit dir selbst auseinandersetzen und dich selbst reflektieren. Es ist essenziell, dass du dabei ehrlich zu dir selbst bist und die Ressourcen, persönliche Stärken, die dir zur Verfügung stehen, auch realistisch einsetzt. Nur so schaffst du es, dich selbst nicht zu überfordern und ein positives Mindset aufzubauen, dass dir in schwierigen Situationen vor Augen führt: ’Ich kenne mich – ich bin gut in dem und dem – ich komme hier wieder raus’.
3. Optimismus
Für die innere Stärke essenziell: eine gute Portion Optimismus. Das heißt nicht, dass du all deine Probleme oder, in schwierigen Situationen, den Ernst der Lage unter den Tisch kehren sollst – es kommt aber auf den Fokus an. Du wirst viel motivierter sein, dich auch mit Krisen auseinanderzusetzen, wenn du ein positives Ergebnis vor Augen behältst.
Es geht also darum, dass du deine Gedanken und Gefühle selbst in eine positive Richtung lenkst. Menschen neigen in Krisensituationen nämlich dazu, sich besonders auf das Negative zu konzentrieren – und das hilft so gut wie nie.
Tipp: Positives Kopfkino
Eine bestimmte Situation erschlägt/verunsichert dich total? Dann stell dir kurz mal einen positiven Ausgang vor – und gib die Hoffnung nicht auf, dass es gut gehen wird.
4. Lösungsorientierung
In eine ähnliche Richtung wie der Optimismus geht auch die vierte Säule: Lösungsorientierung. Das heißt nicht nur zielgerichteter zu handeln und zu agieren, sondern auch planvoller, denn je besser man auf den potenziellen Ausgang von Situationen vorbereitet ist, desto unwahrscheinlicher wird man aus der Bahn geworfen.
Versuch dich also nicht nur auf die Lösung von vorhandenen Problemen zu fokussieren, sondern vorausschauend zu handeln. Diese Einstellung wird dir dabei helfen, von Hindernissen nicht abgeschreckt zu werden, sondern immer wieder neue kreative Lösungen zu finden.
Wichtig!
Um gute und produktive Lösungen zu finden, ist es erstmal nicht schlecht, die emotionale Ebene etwas auszublenden. Verlass dich dabei eher auf deine Vernunft und Logik – und lass dich nicht zu sehr von deinen Gefühlen beeinflussen.
Aber: Eine Lösung, die sich für dich komplett falsch anfühlt, ist vermutlich keine.
5. Verantwortung
Nur du hast die Verantwortung über dein Leben. Diese Erkenntnis hilft ungemein Resilienz zu stärken, denn nur, wenn du dir deiner eigenen Verantwortung auch bewusst bist, kannst du danach handeln.
Das heißt nicht, dass im Leben nicht auch mal Dinge passieren können, die nicht in deiner Verantwortung liegen, aber selbst dabei gilt: Durch deine Einstellung und deinen Umgang mit der Situation kannst du die Kontrolle wiedergewinnen. Auch, wenn etwas Katastrophales passiert, geht es darum, was du daraus machst – und das liegt ganz alleine in deiner Verantwortung.
Nur wenn du für dein eigenes Leben die Verantwortung übernimmt, kannst du wirklich frei und unabhängig agieren. Was aber auch heißt: Du hast die Macht optimistisch und lösungsorientiert auf Situationen und in die Zukunft zu schauen – und das macht unsagbar stark.
6. Soziale Vernetzung
Um resilient zu werden, musst du dich aber nicht immer nur auf dich verlassen. Ein wichtiger Pfeiler innerer Stärke ist ein soziales Netzwerk – und das müssen nicht nur Freund:innen und die Familien sein, sondern können auch Kolleg:innen, Nachbar:innen, im Grunde Menschen, auf deren Hilfe du dich im Ernstfall verlassen könntest, sein.
Eine gute soziale Vernetzung kann dich ungemein sicher und auch stark machen, weil du eben weißt, dass du nicht alle Krisen und Probleme alleine bewältigen musst – und das musst du auch nicht.
Es ist keine Schwäche, um Hilfe zu bitten und Hilfe annehmen zu können.
Du solltest nur darauf achten, dich regelmäßig um dein soziales Netzwerk zu kümmern und eben nicht nur in Krisensituationen darauf zurückgreifen. Netze sind immer stabiler, wenn sie an mehreren Stellen gehalten werden.
7. Zukunftsorientierung
Zu lange an Fehlern oder Problemen der Vergangenheit festzuhängen blockiert meistens eher als dass es was bringt. Deswegen ist es wichtig, den Blick auf die Zukunft zu richten. Anstatt dich darüber zu ärgern, was mal schiefgelaufen ist, kannst du deine Erfahrungen daraus für das nächste Hindernis einbringen und es zukünftig schlicht besser machen.
Mach dir bewusst, dass du selbst ‚deines Glückes Schmied‘ bist, die Verantwortung und die Macht hast, dein Leben in eine positive Richtung zu lenken oder es jedenfalls zu probieren.
Was ist deine Resilienz?
Eine oder mehrere Resilienzen hat eigentlich jeder Mensch, wenn auch vielleicht nur unterbewusst. Falls du dich fragst, welche das bei dir sein könnten, kannst du die folgende Übung machen, um es herauszufinden.
Nimm dir ein Blatt Papier und einen Stift oder öffne das Notizbuch auf deinem Smartphone – und schreibe persönliche, vor allem innere, Qualitäten auf, die du selbst als Stärken empfindest; bspw. ‚ich kann gut „nein“ sagen‘, ‚ich kenne meine Grenzen‘, ‚ich bin sehr sozial‘...
Vermutlich lassen sich alle Dinge, die du aufschreibst, in eine der sieben Resilienz-Säulen einordnen – was heißt, dass du mindestens Grundpfeiler innerer Stärken besitzt.
Warum ist es gut, die eigenen Resilienzen zu kennen? Du kannst nur an etwas arbeiten und darin wachsen, wenn du weißt, worum es geht – richtig? Bist du dir deiner inneren Fähigkeiten bewusst, kannst du auch besser einschätzen, ob sie dir so genügen, oder du sie noch verbessern möchtest.
Wo liegen deine Resilienz-Schwachpunkte?
Du kannst dieselbe Übung auch machen, um herauszufinden, an welchen Eigenschaften du noch arbeiten möchtest, weil du sie als Schwäche auffasst. Schreib dir dafür deine Schwachpunkte auf – versuche das aber am besten gleich mit einer großen Portion Optimismus, denn nahezu aus jeder Schwäche kann man eine Stärke machen.
Wie lässt sich Resilienz lernen und üben?
Obwohl bei manchen Menschen grundlegend mehr Resilienz vorhanden ist, heißt das nicht, dass man Resilienz nicht auch einfach lernen kann. Wie bei Vielem kommt es auf die Übung an.
Weil es bei der Resilienz um den Ausbau oder das Erlernen innerer Stärken geht, ist es sehr wichtig, dass du dich gut kennst oder kennenlernst und dabei ehrlich zu dir bist. Schau dir also am besten nochmal die 7 Säulen oben an und finde deine Stärken und Schwächen heraus.
Praktische Resilienz-Übungen
Du wirst schon bemerkt haben, dass viele der sieben Resilienz-Säulen ineinander übergehen, sich berühren und sogar gegenseitig ergänzen. Die folgenden Übungen sind also nicht nur für einen Bereich, sondern gleich mehrere gut.
Übung 1: Situationen annehmen
- Denk an eine Situation, die dich derzeit beschäftigt oder in der Vergangenheit beschäftigt hat – und schreibe sie dir auf.
- Mach dir deutlich, wieso die Situation für dich so schwer, belastend etc. war – und schreibe auch das auf.
- Was war oder ist die Aufwand-Nutzenanalyse der Situation? – Versuche Lösungen aufzuschreiben.
- Was hilft/ hat dir aus der Situation geholfen? – Versuch auch aus einem negativen Ergebnis etwas Positives zu ziehen und schreibe das ebenfalls auf.
Das mag jetzt erstmal simpel klingen und vielleicht fragst du dich jetzt: Wie soll mir das denn helfen? Beim ersten Mal vielleicht gar nicht, aber je öfter du dir für prekäre Situationen die Zeit nimmst sie zu durchdenken und aufzuschreiben, je leichter wird es dir fallen Lösungen zu finden.
Wieso? Schreibst du dir das regelmäßig auf und behältst deine Notizen, werden dir vermutlich schnell Muster auffallen, bspw. Ähnlichkeiten bei der Frage: Was hat mir in der Situation geholfen? – Du kannst so all das, was du gelernt hast, was dir gut tut, immer wieder für neue Situationen verwenden.
Beispiel – Lerne Situationen anzunehmen
- Situation? Streit mit Mitbewohner:in wegen Putzplan
- Wieso belastend? Über mehrere Tage schlechte Stimmung in der WG
- Aufwand – Nutzen? Ansprechen von unfairem Verhalten – kein Verständnis, also kein Nutzen
- Was hilft/ hat geholfen? Gleich nach dem Streit zum Runterkommen: Musik; ansonsten: Abstand gewinnen und nach ein paar Tagen nochmal in Ruhe das Gespräch suchen
Vor allem in den Punkten Akzeptanz, eine Situation als solche zu akzeptieren, Verantwortung, dir deiner eigenen Rolle darin bewusst zu werden, und Lösungsorientierung, dein Versuch die Situation zu klären, ist diese Übung richtig wertvoll.
Übung 2: Probleme lösen
Versuche dir folgendes, am besten wieder schriftlich, bewusst zu machen:
- Was genau ist das Problem?
- Hast du ein Ziel vor Augen, das Problem zu lösen?
- Hattest du schon vergleichbare Probleme? Wenn ja, was hat geholfen, was nicht?
- Welche Lösungsmöglichkeiten fallen dir spontan ein?
- Wie haben Bekannte/Freund:innen solche Probleme gelöst?
- Was hat dich bis jetzt davon abgehalten das Problem zu lösen?
Wie bei Übung 1 wird sich auch bei deiner Fähigkeit Probleme zu lösen vermutlich erst nach ein paar Durchläufen etwas verbessern, aber gib nicht auf, sondern bleib am Ball.
Beispiel – Probleme lösen
- Problem? Zeitnot bei Abschlussarbeit
- Ziel? Nicht durchfallen
- Vergleichbare Probleme? Bei Hausarbeit schon mal eng gewesen – mit Dozierende:r gesprochen
- Lösungsmöglichkeiten? Mit Betreuer:in oder Prüfungsamt in Verbindung setzen; schneller arbeiten und Frist einhalten
- Lösung von anderen? Mehr Arbeitsmoral und schnelleres Arbeiten
- Wieso noch nicht gelöst? Aufgeschoben
Übung 3: An dich selbst glauben
Vor allem, wenn ganz plötzlich etwas passiert, ist diese Übung Gold wert:
- Versuch kurz inne zu halten und darüber nachzudenken, was du gut kannst
- Mach dir Situationen bewusst, aus denen du positiv hervorgegangen bist
- Wieso hatten diese Situationen ein positives Ergebnis?
- Versuch das, was du gut kannst und deine positiven Erfahrungen zu verbinden – mach dir bewusst, dass du auch aus dieser Situation positiv herausgehen wirst
Wichtig!
Die resilientesten Menschen sind immer die, die an sich selbst glauben, ihre Stärken und auch Schwächen kennen und sie für sich optimal einsetzen können. Wenn du an dich selbst glaubst, sollte es mit ein bisschen Übung kein Problem sein besser in Resilienz zu werden.
(BMZ/AOK/LIR-Mainz/SALI)