Toxisches Arbeitsumfeld erkennen
Nicht immer lädt das Arbeitsumfeld zu Höchstleistungen ein. Und manchmal kann es auch dafür verantwortlich sein, dass Mitarbeitende psychische Erkrankungen entwickeln.
Denn, wer tagtäglich einem toxischen Arbeitsklima ausgesetzt ist, fühlt sich nicht nur unwohl, sondern wird auch krank – aber was kann man dagegen unternehmen?
Was ist ein toxisches Arbeitsumfeld?
Im Grunde handelt es sich bei einem toxischen Arbeitsumfeld, um schlechte und belastende Arbeitsbedingungen, die durchweg negative Emotionen auslösen. Das können von Unwohlsein über Stress und Leistungsdruck, Überforderung, Minderwertigkeitsgefühl, bis hin zu Angst- oder Panikzuständen alles sein.
Der Zustand dieser negativen Gefühle und Erfahrungen erstreckt sich dabei über eine längere Zeitspanne und anstatt einer Verbesserung der Situation ist oft nur eine Verschlechterung in Sicht.
Vorsicht!
Eine stressige Phase bei der Arbeit, ein Streit unter Kolleg:innen oder ein unüberlegter Kommentar deine:r Chef:in – das kann mal vorkommen, muss aber noch lange kein toxisches Arbeitsklima sein.
Wie kommt es zu so einem toxischen Arbeitsklima?
Nicht selten spielen dabei mehrere Faktoren zusammen, die erkennbar machen, dass am Berufsumfeld irgendwas nicht stimmt. Die gängigsten Red Flags, die darauf hinweisen, sind:
- Niedermachen, ausgrenzen bis hin zu Mobbing: Dir wird zu viel oder zu wenig Arbeit zugeteilt; wichtige Informationen werden dir nicht zugespielt; du wirst vom Team/deine:r Vorgesetzten ausgegrenzt, nicht zu Meetings eingeladen; hast das Gefühl deine Kolleg:innen oder Chef:innen reden schlecht über dich; du wirst nicht wahr/nicht ernst genommen; deine Arbeit wird schlecht geredet oder Ähnliches.
- Ständige Fehl- oder Misskommunikation: es herrscht ein rauer Ton; Absprachen werden kaum oder gar nicht eingehalten; du bekommst auf bestimmte Fragen einfach keine Antwort; immer wieder gibt es Missverständnisse bis hin zu Streitsituationen; niemand fühlt sich zuständig, brauchst du Hilfe wirst du belächelt oder Ähnliches.
- Bedrohung oder Manipulation: dir wird aktiv gedroht, bspw. mit dem Nichtbestehen der Probezeit, der Reduzierung deiner Stunden, einer Versetzung oder sogar der Kündigung, wenn du bestimmte Voraussetzungen oder Aufgaben nicht erfüllst, selbst, wenn sie nicht in deinen Zuständigkeitsbereich fallen. Du fühlst dich erpresst, manipuliert oder in die Ecke gedrängt.
- Belästigung: Jemand oder mehrere Menschen aus dem Arbeitsumfeld stellen dir nach, beobachten dich, verfolgen dich; warten, bis du alleine bist und passen dich ab; belästigen oder bedrängen dich in irgendeiner Art und Weise – auch sexuelle Belästigung kann ein Thema sein.
- Diskriminierung: Du hast es schwerer im Team/Job aufgrund deiner Religion, Sexualität, Herkunft, deines Geschlechts oder anderem; du bist Witzen und Anfeindungen ausgesetzt, wirst ausgegrenzt, gemobbt oder Ähnliches.
Eine hohe Kündigungsrate, Fluktuation, starke Unzufriedenheit auch anderer Mitarbeitenden – das sind zusätzliche Auffälligkeiten, die auf ein gestörtes Arbeitsumfeld hinweisen.
Erkennst du einige oder alle Red Flags wieder?
Wenn auch in deinem Arbeitsumfeld einer oder mehrere der oben genannten Punkte zutreffen, solltest du sie ernst nehmen und handeln. In den seltensten Fällen löst sich ein toxisches Klima von selbst wieder auf.
Auswirkungen des toxischen Arbeitsumfelds
Wie lange und wie intensiv man einem toxischen Klima in der Berufswelt ausgesetzt ist, wie groß die eigenen Selbstschutzmechanismen und die Resilienz sind – das alles beeinflusst natürlich auch die Wirkung davon.
Ob und wann sich ein solches Arbeitsumfeld auf die Gesundheit niederschlägt, hängt natürlich immer vom Einzelfall ab, gemeinsam ist aber den meisten, die diese Erfahrung machen, dass etwas in ihnen passiert. Denn jede einzelne der oben genannten Red Flags greift das Selbstbewusstsein und den Selbstwert derer an, die eben diskriminiert, gemobbt, bedroht etc. werden.
Und Zweifel über das eigene Selbst, regelmäßige Angriffe auf die eigene Person, Diskreditierung und das Gefühl ausgegrenzt zu werden, können längerfristig neben Minderwertigkeitskomplexen und Problemen mit der Selbstwahrnehmung zu den folgenden psychischen Erkrankungen führen:
- Burnout: Überforderung, Stress, zu großer Workload, unfaire Aufgabenverteilung – das alles kann recht schnell dazu führen, dass du dich leer und ausgebrannt fühlst und deine Energie erstmal wieder aufladen musst.
- Boreout: Auch zu wenige oder gar keine Aufgaben, komplettes ignoriert werden oder das Wiederholen der immer selben stupiden Arbeiten kann auf Dauer zum Problem werden, denn auch ‚Langeweile‘ kann krank machen.
- Depressionen: Komplette Überlastung bis zu dem Punkt, an dem du morgens nicht mehr das Haus verlassen willst, nur noch niedergeschlagen, müde und lustlos bist und auch privat keinen Spaß mehr hast – auch das kann leider die Folge eines toxischen Arbeitsumfelds sein. Leidest du an Depressionen, solltest du dir dringend Hilfe suchen.
- Angststörung: Schweißausbrüche vor Gesprächen mit Kolleg:innen oder Vorgesetzten, Panikanfälle, Atemnot – auch die Angst vor Mobbing, Diskriminierung, Beleidigung, Diskreditierung oder Ähnlichem kann längerfristig krank machen und sich zu einer Angststörung entwickeln.
Genauso können sich physische Folgen zeigen, durch Symptome wie bspw. Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Niedergeschlagenheit, Migräne, Nacken- und/oder Rückenschmerzen, Krämpfe oder Atemnot.
Professionell helfen lassen
Solltest du schon psychische oder physische Probleme haben, wende dich damit bitte an den Arzt/die Ärztin deines Vertrauens und lass dich beraten. Deine Gesundheit ist wirklich wichtig – achte auf sie.
Was tun gegen toxische Arbeitskolleg:innen und Führungskräfte?
Wie gut kennst du dich mit der Firmenstruktur aus? – Eine berechtigte Frage, weil es in Unternehmen mit toxischem Arbeitsumfeld oft in vielen, wenn nicht sogar in allen, Abteilungen und allgemein nicht sonderlich gut läuft und hier die Gefahr besteht, dass selbst die Vertrauensperson oder sogar Mitglieder des Betriebsrates an diesen vergifteten Strukturen festhalten.
Überleg dir, bevor du irgendetwas tust, wem in deinem Team/deiner Firma du wirklich vertrauen kannst und such in diesen Menschen Verbündete. Nein, du befindest dich nicht im Kriegszustand, aber schwierige Situationen sind eigentlich immer einfacher, wenn man sich ihnen nicht alleine stellen muss.
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Dein Arbeitsklima verbessern?
Wenn du dich im Job unwohl, angegriffen, überfordert, gemobbt oder Ähnliches fühlst oder einfach nicht mehr mit diesem toxischen Arbeitsumfeld umgehen möchtest, was dein gutes Recht ist, kannst du erstmal ein klärendes Gespräch einleiten:
- Such das Gespräch mit den toxischen Menschen: Vereinbare einen Termin mit deinen Vorgesetzten/Kolleg:innen und ziehe eine Vertrauensperson zurate, frag sie, ob sie als Vermittler:in an dem Gespräch teilnehmen kann.
- Bereite dich auf das Gespräch/den Termin vor: Mach dir Notizen über alle Situationen, die dir widerfahren sind; alle Probleme, die du hast; alles, was dich an dem Arbeitsumfeld stört und daran hindert deinen Job gut und gerne auszuführen.
- Bewahre in der Gesprächssituation Ruhe: Lass dich nicht aufbringen, versuch so objektiv wie möglich an die Sache ranzugehen, ruhig und deutlich zu sprechen, konstruktive, aber keine persönliche Kritik zu üben.
- Hör den Gesprächsteilnehmer:innen genau zu: Mach dir auch während des Termins Notizen, stell Fragen und versuch die Problemstellen zu lösen oder jedenfalls Lösungsvorschläge zu bringen; versuch dich mit den anderen auf etwas zu einigen, bspw. einen Kompromiss, eine Testphase etc.
- Beobachte, ob sich nach dem Termin auch wirklich etwas ändert. Gib dem Ganzen vielleicht auch etwas Zeit – manchmal brauchen toxische Menschen die Konfrontation, um ihr Verhalten zu überdenken.
Nicht verzweifeln, wenn das nichts bringt: Es kann natürlich sein, dass ein oder mehrere Gespräche längerfristig nicht helfen das Arbeitsklima zu verbessern, aber gib nicht auf. Du hast es versucht und damit gezeigt, dass du Problemen erwachsen entgegentrittst und für dich einstehst - das alleine ist schon sehr wichtig!
Und genau das solltest du auch tun, für dich selbst einstehen, denn wenn ein Termin zur Problemlösung nicht hilft, musst du dir selbst helfen und das heißt:
- Setze Grenzen und lerne auch mal ‚nein‘ zu sagen,
- dokumentiere sämtliche Übergriffe,
- versuch dich in Resilienz zu üben und
- kümmer dich um deine physische und psychische Gesundheit.
Deine Rechte – du musst dir nicht alles gefallen lassen
Trotz Klärungsversuchen ändert sich die toxische Arbeitsumgebung nicht und Resilienzübungen bringen dich auch nicht weiter – was kannst du jetzt tun? Dir deine Rechte bewusst machen, denn schon rein arbeitsrechtlich musst du dir im Job nicht alles gefallen lassen.
Wirst du bspw. gemobbt oder diskriminiert, schützt dich das Arbeitsrecht. Du kannst also, wenn alles andere nicht funktioniert, auch Rechtsbeistand suchen und rechtliche Schritte einleiten. Es ist aber wichtig, dass du die Vorkommnisse dafür dokumentierst und das schon, bevor du dir rechtliche Unterstützung suchst. Es geht darum, Beweise zu schaffen, heißt: notiere dir alle Vorfälle, die mit dem Mobbing oder der Diskriminierung zusammenhängen, mit Datum, und such dir im besten Fall Zeugen oder Verbündete.
Das können neutrale Kolleg:innen oder Vorgesetzte sein, Mitarbeitende, die selbst schon gemobbt/diskriminiert wurden, die Vertrauensperson der Firma oder das Mitglied aus dem Betriebsrat, mit dem du schon gesprochen hast.
Mach dir nur, bevor du rechtliche Schritte einleitest, bewusst, was du möchtest: willst du weiter in der Firma arbeiten, aber deine Situation verbessern oder das Unternehmen verlassen, dabei aber einen guten Deal heraushandeln?
Deine Wahl: Bleiben oder gehen?
Die wichtigste Frage, die du dir dafür stellen solltest, ist: Siehst du noch Potenzial? Kannst du dir vorstellen, dich nach all dem, was passiert ist, irgendwann wieder wohl in deinem Beruf und dem Unternehmen zu fühlen?
Falls ja, ist mein Tipp: Such nochmal das Gespräch mit den beteiligten Personen, schau dir danach eine Weile an, ob sich etwas ändert – oder informier dich, ob du vielleicht die Abteilung/das Team wechseln kannst, wenn es daran liegt.
Falls nein, ist mein Tipp: such dir schnellstmöglich einen anderen Job. Achte auf dich und deine Gesundheit – kein Beruf der Welt ist es wert, sich dauerhaft schlecht behandeln zu lassen und dabei zu leiden. Du findest bestimmt etwas Besseres!
(BSG/digitales Institut/SALI)