KI nutzen

Im Praxistest: Mit ChatGPT Bewerbung schreiben?

Torso vor Holzschreibtisch mit Laptop, reinretuschiertes Netz mit ‚AI‘ Aufschrift.
Recruiter:innen mit Bewerbungsunterlagen überzeugen, die eine KI geschrieben hat? (Foto:© stock.adobe.com/kunakorn)
ChatGPT soll die Bildgenerierung, das Verfassen von Texten und vieles mehr vereinfachen. Aber kann sie dir auch beim Erstellen deiner Bewerbungsunterlagen helfen? Ich hab das mal für dich getestet. 
Dienstag, 07.11.2023, 09:16 Uhr, Autor: Sandra Lippet

Die Verwendung von KI-Chatbots und -Programmen ist immer mehr im Kommen. Das wohl berühmteste: ChatGPT. Es soll u.a. diverse Textarten in Perfektion schreiben können. Ich habe mich gefragt, ob und wie das bei den Bewerbungsunterlagen funktioniert.

Also habe ich das einfach mal getestet und ChatGPT ein Anschreiben und einen Lebenslauf verfassen lassen. Das Ergebnis hat mich überrascht. Was genau bei meinem Test herausgekommen ist und ob ChatGPT das Erstellen von Bewerbungsunterlagen leichter macht, kannst du hier lesen.

Kann man mit ChatGPT eine Bewerbung schreiben?

Die kurze Antwort ist: ja. Oder besser: ja, aber... Denn ganz so unkompliziert, super leicht und schnell geht es dann doch nicht. Wieso? Weil du das Programm erstmal briefen musst, heißt: je mehr detaillierte Fakten und Daten du ChatGPT zur Verfügung stellst und je genauer du auf den Punkt bringst, was du haben möchtest, umso besser wird auch das Ergebnis.

Es braucht aber Zeit und ein wenig Übung, um die KI mit den richtigen Infos zu füttern, damit du ein zufriedenstellendes Ergebnis bekommst. 

Tipps für das Briefing:

  • Überleg dir vorab, was genau du von ChatGPT haben möchtest: ein Anschreiben, Motivationsschreiben, einen Lebenslauf? 
  • Mach dir Gedanken, welche Infos das Programm zum Erstellen deines Dokuments braucht: bspw. Jahreszahlen deines Studiums, Abschlussnote, frühere und derzeitige Arbeitsstelle für deinen Lebenslauf; Erfahrungen und Fähigkeiten sowie die Stelle, auf die du dich bewerben möchtest, für dein Anschreiben
  • Formuliere deutlich und detailliert, was das Programm tun soll
  • Antworte auf Fragen, bzw. liefere Informationen nach, die die KI braucht, um deinen Task zu erfüllen, wenn sie diese fordert

Testphase 1: Anschreiben mit ChatGPT verfassen

Ich hab mir eine Stelle ausgedacht, auf die ich mich bewerben würde und das Programm dann mit folgenden Informationen gefüttert: genaue Stellenbeschreibung, persönliche Erfahrungen in dem Bereich und Zusatzqualifikationen.

Erstaunt hat mich, dass ChatGPT gleich das richtige Anschreiben-Format gewählt und mich nach Zusatzdaten wie meinem Namen, meiner Adresse und Co. und den Daten des Unternehmens gefragt hat. Zusätzlich hat das Programm an diversen Stellen Lücken, in Form von eckigen Klammern, gelassen und die Anweisung gegeben, diese selbstständig auszufüllen

So wurde mir die Möglichkeit gelassen, das Dokument zu personalisieren und in mehreren Ansätzen meine eigenen Fähigkeiten in eigenen Worten miteinzubringen.

Was dabei rauskam, war dann leider doch ein recht standardmäßiges Anschreiben, das aber weder Rechtschreib- noch Grammatik- oder Formulierungsfehler hatte und allgemein ganz gut in den Bereich der fiktiven Stellenausschreibung gepasst hat. Sehr persönlich, individuell oder speziell war der Text aber natürlich nicht.

Zeitaufwendig war die Erstellung eines Anschreibens mit ChatGPT nicht, aber dafür hätte ich, um es zu personalisieren und perfektionieren, auch nochmal etwas Zeit hineinstecken müssen.

Pro Anschreiben mit ChatGPT:

  • liefert ein gutes Gerüst für Anschreiben allgemein: inhaltlich gut strukturiert und formal abgestimmt – kann gut als Vorlage hergenommen werden
  • bildet Erfahrungsbereiche oder persönliche Vorteile ab, die man vielleicht wirklich besitzt, aber auf die man nicht gekommen wäre – kann also als Inspiration für die Aufwertung eigener Fähigkeiten und Co. herangezogen werden
  • enthält keine sprachlichen Fehler: Das ist sehr gut, weil akkurater Ausdruck und Sprachgebrauch v.a. in Bewerbungsunterlagen sehr wichtig ist

Für wen lohnt sich die Verwendung von ChatGPT?

Wenn du einfach schnell ein Standard-Anschreiben mit Standardfähigkeiten für deine Branche brauchst ohne viel persönliche Note, dann könnte ein Anschreiben von ChatGPT genau dein Ding sein!

Contra Anschreiben mit ChatGPT:

  • nicht viel schneller als selbst ein Anschreiben zu verfassen: wenn man wirklich etwas Gutes und Persönliches daraus machen will; denn dann dauert das Briefing und die Nacharbeit deutlich länger und je nachdem wie schnell man sonst im Schreiben ist – kann das Verfassen mit ChatGPT, anfangs jedenfalls, zeitintensiver sein als ohne
  • sehr standardmäßig und unpersönlich: jeder Mensch hat eine eigene Ausdrucksart beim Schreiben, beim Stärken und Schwächen angeben und Co. – die geht hier deutlich verloren. Um sie wieder mit in den Text zu bringen, muss noch mehr nachgearbeitet werden
  • muss definitiv überprüft und korrigiert werden: viele Fähigkeiten oder Kenntnisse setzt ChatGPT nämlich von selbst in das Anschreiben ein – da man aber auf keinen Fall darin lügen oder stark übertreiben sollte, muss man ziemlich genau prüfen, ob das mit den eigenen Fähigkeiten und Kenntnissen überhaupt übereinstimmt – ansonsten muss man es wieder ändern

Für wen lohnt sich die Verwendung von ChatGPT nicht?

Wenn du kreativ und individualistisch unterwegs bist und sehr starken Wert auf die Präsentation deiner Persönlichkeit und eigenen Fähigkeiten schon im Anschreiben legst, kann ich dir das Programm leider nicht empfehlen.

Testphase 2: Kann ChatGPT einen Lebenslauf erstellen?

Ja, sogar einen ziemlich guten und detaillierten, aber der entspricht leider nicht unbedingt der Realität...

Für die Erstellung eines Lebenslaufes, habe ich ChatGPT wieder einfach mit Informationen gefüttert – das waren aber wirklich einige: Jahreszahlen von Beschäftigungen, Werkstudierendenstellen, Praktika, Studienfächern und Co., Fähigkeiten, Interessen, persönliche Daten, etc.

Daraus hat mir das Programm dann wieder einen formal und sprachlich perfekten Lebenslauf gebastelt – das Problem war nur: Ziemlich viel von dem, was ChatGPT mir in dem Text aufgezählt hat, hat nicht gestimmt. Es hat nämlich – logisch nachvollziehbar, aber trotzdem unwahr – Fähigkeiten ausgebaut oder ergänzt, die mit der Realität nichts zu tun haben. Mir wurde z.B. ein Ehrenamt angedichtet oder das Interesse an historischer Literatur.

Um aus dem Ergebnis einen Lebenslauf herzustellen, der auch nur halbwegs der Wahrheit entspricht, hätte ich das Programm nochmal genauer und viel detaillierter briefen oder 50 % des Lebenslaufs löschen/ändern müssen – was mir definitiv zu zeitaufwendig war.

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Denn hätte ich die ganzen Daten einfach in ein Worddokument geschrieben und hübsch formatiert – hätte ich meiner Meinung nach viel schneller einen guten und wahrheitsgetreuen Lebenslauf bekommen.

Lebenslauf mit ChatGPT – für mich definitiv unnötig

Es gibt genügend gute Formatvorlagen für Lebensläufeund Rechtschreibprogramme oder Freund:innen für die Korrektur nach dem Verfassen. Ich würde meine Daten und Fakten lieber in eine solche Vorlage einspeisen und gut ist – so taucht im Lebenslauf auch wirklich nur auf, was man haben will und nicht, was aus Logik-Gründen noch passen könnte.

Fazit: ChatGPT verwenden ja, aber nur als Unterstützung

Prinzipiell finde ich die Ergebnisse, die ChatGPT v.a. für das Anschreiben geliefert hat, nicht schlecht. Ganz darauf verlassen würde ich mich aber nicht. Dafür hat es, meiner Meinung nach, zu viel Unwahres dazugedichtet und die Unterlagen von nahezu jeder persönlichen Note befreit.

Nicht als Verfasser, aber für den Support beim Verfassen kann ChatGPT aber wirklich problemlos hergenommen werden, z.B. als Rechtschreibprüfung, Inspirationsquelle, Formatvorlage, Strukturgeber und Co. 

Tipp – Persönlichkeit einsetzen

Vor allem in einer Welt, in der immer mehr gleich und zum Mainstream wird, würde ich selbst auf die persönliche Note setzen, heißt: Lass dich gerne von neuen KI-Programmen bei deinen Tätigkeiten unterstützen, aber lass dich nicht ersetzen und lass dir deine Individualität nicht nehmen :-)

(OpenAI/SALI)

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