Statement

Will niemand mehr arbeiten? Ansprüche vs. Realität

junge Frau sitzt am Meer auf einem aufgeblasenen Flamingo
Chillig am Meer und nebenher ein wenig arbeiten, so stellen sich manch Ältere die Gen Z im Arbeitsalltag vor. Ob das so passend ist? (Foto: © Svetograph/stock.adobe.com)
Wer hat nicht schon von ihr gehört, der ach so faulen Gen Z? Wollen nix arbeiten, aber viel Geld verdienen. Stimmt das echt so?
Mittwoch, 23.10.2024, 13:38 Uhr, Autor: Christine Hintersdorf

Passen die Erwartungen von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden nicht mehr zusammen? Diesen Eindruck könnte man derzeit schnell gewinnen. Überall wird über die jüngeren Generationen geschimpft. Oftmals liest man, dass insbesondere die Gen Z, also deine Generation, arbeitsunwillig sei und, ganz böse heruntergebrochen, für den Arbeitsmarkt nicht zu gebrauchen. Da kann man sich schon fragen, was soll das eigentlich – dieses Gen-Z-Bashing?

Gen Z: faul und unmotiviert?

Dass eine ganze Generation einen schlechten Ruf hat, ist nichts Neues. Irgendwas war immer. Schon zu Goethes Zeiten wurde der Jugend nachgesagt, verweichlicht zu sein. Warum? Weil junge Menschen gelesen haben! Gelesen! In den 60ern bestand kein Zweifel daran, dass sich alle Menschen unter 25 wegen ihres schlechten Musikgeschmacks zu Sozialfällen in der Gesellschaft entwickeln werden. Und jeder nahm natürlich Drogen.

Wie wir heute wissen, ist die Welt nicht mit der Erfindung des Rock’n’Rolls untergegangen. Wiedererwarten. Die Aussichten sind also nicht ganz so schlecht, dass unsere Gesellschaft auch mit der Gen Z klarkommen wird. Kommt Zeit, kommt Rat?

Schlussendlich findet also immer wieder, seit Menschengedenken wahrscheinlich, das gleiche Spiel statt. Ältere kommen mit dem Verhalten der Jüngeren nicht klar und andersrum. Vielleicht muss das einfach so sein? Schade ist es auf jeden Fall. Denn beide Seiten haben Wertvolles zu bieten.

Überzogene Forderungen?

Die Arbeit nimmt einen großen Raum ein in unserem Alltag. Für die Menschen, die nach dem Krieg geboren worden sind, waren die Wirtschafts-Boom-Jahre in den 50ern zumindest in Westdeutschland prägend. Wer arbeiten ging, konnte sich ein gutes Leben aufbauen. Ein Beruf gehörte zum Leben dazu. Keiner Tätigkeit nachzugehen, war gleichbedeutend mit asozialem Verhalten.

Diese Denkweise geht zurück bis in die Kaiserzeit bzw. den Beginn der Industrialisierung. Fleißig und tüchtig zu sein, das machte einen Menschen und seinen Wert aus. Und diese Denkweise besteht zum Teil bis heute. Viele Ü40er halten es für vollkommen normal, einen 9-Stunden-Tag in ihrem Unternehmen zu verbringen, fünf Wochen Urlaub im Jahr zu haben und freundlicherweise nichts für den Kaffee am Arbeitsplatz zahlen zu müssen. Alles gut. Sich aufarbeiten, Überstunden machen, kleines Burnout mitnehmen und dann mit 70 in Rente gehen. That’s it.

Yolo

Du willst genau das nicht. Du willst mehr Freiheiten, mehr Mitspracherecht, mehr Sinn in dem, was du tust. Du willst tatsächlich auch Spaß an deinem Job haben und dein Leben nicht komplett dem Unternehmen widmen, sondern Dinge bewegen, die Gesellschaft hin zu einer diverseren, toleranteren pushen. Yolo also. Ist das verwerflich? Nein, ist es nicht. 

Nur weil etwas „immer schon so war“ muss es nicht gut sein oder immer noch zeitgemäß. Leben ist Veränderung! In einer Zeit zunehmender Digitalisierung und Automatisierung ist es durchaus nicht falsch, dem eigentlichen Leben mehr Raum zu geben.

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In Zukunft werden sicherlich viele Aufgaben des täglichen Lebens nicht mehr zwingend von Menschen erfüllt. Es entsteht mehr Zeit für anderes. Warum also nicht diese neu-gewonnene Zeit für dich selbst nutzen? Wo steht denn in Stein gemeißelt, dass nur die 40-Stunden-Woche akzeptabel ist? Was ist falsch daran, dem Leben mehr Sinn geben zu wollen? Genau, gar nichts.

Die vermeintliche Gegenseite

Die meisten Unternehmen bzw. Arbeitgerber:innen (AG) haben ein klares Prozedere vor Augen. Mitarbeitende sind mindestens 40 Stunden vor Ort, sie arbeiten engagiert und motiviert und erhalten dafür ihren monatlichen Lohn. Überstunden sind gerne gesehen. Das zählt zum Engagement. Viele denken, geht es dem Unternehmen wirtschaftlich gut, geht es auch den Mitarbeitenden gut. Das ist ein Trugschluss, aber das ist ein anderes Thema.

Natürlich fällt jedem AG die Kinnlade herunter, wenn ein:e Bewerber:in sich nicht hellauf begeistert zeigt von diesen Konditionen und stattdessen eigene Forderungen stellt. Seine eigenen Wünsche zu äußern, ist dennoch vollkommen ok. Das Problem beginnt, wenn die Vorstellungen zu weit auseinandergehen, keine Kompromissbereitschaft besteht oder die Wünsche nicht mit der Realität vereinbar sind. 

Du kannst natürlich nicht erwarten, für einen 20-Stunden-Job das gleiche Gehalt zu bekommen, wie für einen 40-Stunden-Job. Oder komplett remote zu arbeiten, wenn es eigentlich ein bestehendes Team im Haus gibt. Komplettes Homeoffice ist nice, aber häufig klappt das dann mit der Kommunikation untereinander nicht mehr ganz so gut. Also ist eine Art Teil-Homeoffice vielleicht die bessere Lösung.

Arbeiten oder Urlaub

Gefällt dir zum Beispiel der Gedanke an Workation? Ist ja auch mega verlockend. Irgendwo, wo es schön ist, zu arbeiten und danach ab ins Meer oder in die Berge. Work-Life-Balance at it’s best. Tatsächlich ist es in der Realität bei den meisten Firmen (zumindest noch) nicht umsetzbar. Viele sind darauf technisch und auch kulturell einfach nicht eingerichtet. Das wird sich bestimmt in Zukunft ändern, könnte allerdings noch ein wenig dauern. Aber nachfragen kostet ja nix. 

Start-ups! Die sind eine ganz andere Hausnummer! Hier kannst du auf jeden Fall mit deutlich mehr Freiraum und zeitgemäßeren Arbeitsmodellen rechnen.

Dass die AG an dieser Form des Lifestyles zweifeln, ist ebenfalls nachvollziehbar. Wie soll die Zusammenarbeit mit dem Team aussehen? Wie soll das Ankommen in der Unternehmenskultur ablaufen, wenn du gar nicht vor Ort bist? Solche Dinge sind beim Start in einen neuen Job ziemlich wichtig und ein:e Arbeitgeber:in darf zu Recht erwarten, dass ein neues Teammitglied sich mit dem Unternehmen und seinen/ihren Kolleg:innen auseinandersetzt.

Nicht zuletzt kommen natürlich auch leichte Zweifel auf, wie ernst du deinen Job nimmst, wenn du gleich wieder abhaust. Irgendwie handelt es sich ja auch um eine Art der Beziehung zwischen dem Unternehmen und dir.

Überleg dir mal, du lernst jemanden kennen, ihr beschließt eine Beziehung einzugehen und der andere verschwindet erstmal von der Bildfläche. Na, herzlichen Dank. Ist dann so semi-erfreulich. Genau so empfinden es im Zweifelsfall eventuell die AGs. 

Falls du zu denen gehörst, die nach Bali abhauen wollen, da nen halben Tag arbeiten und dann ab zum Surfen, auch kein Problem. Du wirst 100 % Jobs und Wege finden, um dir diese Leben aufzubauen. Mittlerweile gibt es genug Start-ups und junge, moderne Unternehmen, die damit absolut kein Problem haben. 

Wie könnte es besser laufen?

Für die, die hier in Deutschland in ihr berufliches Leben starten gilt: sagt, was du willst, geh deinen Weg und steh zu dir selbst! Veränderung findet nur statt, wenn du für sie einstehst. Aber überprüfe deine Vorstellungen an der Realität. Sprich einfach mal mit Leuten, die schon länger im Berufsleben stehen. Diskutiert über die Grenzen des Machbaren. Gibt es eventuell sogar Kompromisse?

Vielleicht hilft es dir auch, in Vorstellungsgesprächen erstmal vorzufühlen. Wie sind die Vorgaben des Unternehmens, passt du da rein bzw. willst du da rein passen? Formuliere deine Wünsche und Gedanken, aber bleib offen und diskussionsbereit. Dann wird das schon.

(CHHI)

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