Neuer Juli Zeh Roman ‚Zwischen Welten‘
Der Titel des neuen Romans ist Programm, denn es geht in ihm wirklich um das Dazwischen zwischen zwei Welten – und die könnten unterschiedlicher nicht sein. Die Perspektive einer Biobäuerin vom Land trifft auf die eines Journalisten aus der Stadt. Konflikte sind dabei nicht nur vorprogrammiert, sie treiben die Handlung voran.
Klingt nicht so spannend? Warts ab ...
Worum geht es in ‚Zwischen Welten‘?
Es geht um Oppositionen: um eine Freundschaft, die vielleicht gar keine ist und eine Kommunikation, die vielleicht gar keine ist.
Sie treffen sich zufällig nach knapp 20 Jahren wieder – Stefan und Theresa, ehemalige WG-Freunde aus ihrer Studienzeit. Leider scheint aber nichts mehr so zu sein, wie es mal zwischen den beiden war. Beide haben sich in unterschiedliche Richtungen entwickelt, versuchen aber wieder Kontakt aufzubauen – jedenfalls virtuell.
Ist das Kommunikation?
Den Kontakt halten sie rein virtuell. Sie schreiben sich über WhatsApp und per E-Mail und dadurch entstehen Konflikte, die immer größer werden. Ob das alleine an den gegensätzlichen Meinungen oder an der Digitalisierung der Sprache liegt – bleibt offen.
Als sie sich einmal zur Aussprache treffen, eskaliert die Situation völlig und das nicht nur sprachlich, sondern auch körperlich. Obwohl nichts mehr zu retten scheint, halten sie weiterhin den Kontakt.
Neuartige Romanstruktur
Nicht nur die rein virtuelle Kommunikation der beiden ist mal etwas Neues, sondern auch, wie diese dargestellt wird. Denn der Roman wird alleine durch ihre Nachrichten gegliedert – mit Datum und Uhrzeit und dem Inhalt der WhatsApp- und E-Mail-Nachrichten. Er beginnt mit der ersten Kontaktaufnahme nach dem überraschenden Wiedersehen – mitten im Leben der beiden Figuren also.
Die Lesenden werden zu Voyeuren der Storyline, ohne allwissend zu sein. Denn alles außerhalb der E-Mails und WhatsApp-Nachrichten bleibt ihnen vorenthalten. Keine Gefühlsregung und kein Gedanke, der sich außerhalb befindet, wird dargestellt. Alleine über die Nachrichten werden die Informationen übermittelt – und die liest man alle mit.
Unser Tipp – wieso?
Weil Zehs Roman nicht nur gut geschrieben und spannend ist, sondern auch große Themen behandelt – im Kleinen wie im Großen. Nicht nur Landwirtschaftsprobleme und Energiekrise werden zusammen mit der Genderproblematik aufgegriffen, sondern es geht um mehr: Identität, Erwachsenwerden, Grundprinzipien jedes einzelnen und persönliche Entwicklungen.
Alles verpackt in eine Aneinanderreihung virtueller Kommunikation – ganz ehrlich: das solltest du dir nicht entgehen lassen.
(SALI)