Literaturneuheit: Ablösen leicht gemacht?
Dass unsere ersten Lebensjahre und Kindheit einen großen Einfluss auf unsere Entwicklung und unser Erwachsenenleben haben, ist schon länger bekannt. Die Psychologin Sandra Konrad erforscht nun in ihrem Text, woran genau das liegt und welche Rolle dabei unsere Eltern einnehmen.
Ablösung meint mehr als Erwachsenwerden
Eine große Rolle in Konrads Buch spielt der Begriff der Ablösung. Und er meint dasselbe wie seine Wortbedeutung: ab-lösen, ab-nabeln, eigenständig werden – aber nicht unbedingt trennen. Und das in wirklich allen Bereichen des Lebens: beim Wohnen, Arbeiten, Entscheidungen treffen, Beziehung eingehen u.v.m.
Ablösen von wem oder was?
Gemeint sind die Eltern. Die erwachsengewordenen Kinder sollen sich von deren Erwartungen, Hoffnungen und Plänen ablösen; von deren Urteil, Bevormundung oder Vernachlässigung. Warum? Weil es die Eltern sind, die die Kindheit stark geprägt haben und dadurch ihre Kinder.
Mit Mitte 40 noch zuhause wohnen und nichts anderes tun als das, was die Mutter erwartet? Trotz wachsender Familie das größere Haus nicht kaufen wollen, weil die Eltern das ‚protzig‘ finden würden? Das Studium in Kunst hinwerfen und eine Ausbildung machen, weil der Vater alles Künstlerische für Unfug hält? – All das weist nach ‚Nicht ohne meine Eltern‘ auf ein Ablösungs-Problem zwischen Kindern und Eltern hin.
Hilfe bei der Ablösung?
Anschaulich wird das psychologische Buch durch die vielen Beispiele – auch aus Therapiesitzungen – die die Autorin aufzeigt, erklärt und den Prozess der Ablösung mit den Lesenden teilt.
Ihre Ansätze klingen logisch und regen zum Nachdenken an – und zeigen auf wie bedeutsam und wichtig nicht nur eine gesunde Beziehung zu den Eltern ist, sondern auch die Ablösung von ihnen. Ziel soll es sein seinen Eltern im Erwachsenenalter auf Augenhöhe zu begegnen und die Beziehung zu ihnen durch Aufarbeitung und Ehrlichkeit zu verbessern, nicht zu beenden.
Auch in Bezug auf andere zwischenmenschliche Beziehungen wie Freundschaften, Liebesbeziehungen und Co. soll die Auseinandersetzung mit der Eltern-Kind-Beziehung sich auswirken können. Es geht um Vertrauen, Gefühle, Selbstbestimmung und auch darum sich selbst ein Stück weit besser verstehen zu lernen.
Für ein psychologisches Buch ist Konrads Werk wirklich interessant beschrieben und bietet viele frische Gedanken und Methoden für diejenigen, die sich gerne mal mit ihrer Kindheit oder ihren Elternauseinandersetzen wollen würden.
(SALI)