„What Women Want“
Schweigepflicht adé, jedenfalls in Maxine Mei-Fung Chungs heute erschienenem Buch. Denn alle Beteiligten sind damit einverstanden, dass ihre Erfahrungen veröffentlicht werden – geändert wurden nur die Namen, die Erlebnisse, Gefühle und Entwicklungen aber sind echt.
Psychotherapie als Medium
„What Women Want“ behandelt die Geschichten von sieben Frauen, deren Gemeinsamkeit ist, dass sie Psychotherapien in Anspruch nehmen, um ihre Gefühle aufzuarbeiten und sich ihre Sehnsüchte einzugestehen. So werden Einblicke in die weibliche Seele aber auch in die Gedankenwelt der Psychologin und ihrer Patientinnen eröffnet – eine Welt, die sonst verschlossen bleibt.
Was passiert dadurch? Die Leser:innen werden bei jeder einzelnen Therapie mitgenommen – und das von Anfang an, von Tag eins, dem ersten Kennenlernen und dem ersten Ausloten, ob die Zusammenarbeit zwischen Psychologin und Patientin klappen wird. Ehrliche Gedanken und Gefühle, auch die der Therapeutin, können so nachvollzogen werden. Spannend vor allem deswegen, weil es sonst meist nur um die Erfahrungen der Klientinnen geht, aber das Innenleben der Psycholog:innen außen vor bleibt. In diesem Buch aber gehen die beiden Seiten – wie auch innerhalb der Therapie – eine Symbiose ein, befruchten sich und entwickeln sich gegenseitig miteinander weiter.
„Ich möchte mich taub fühlen“, Kitty
Was mit eiskalten Duschen in der Kindheit anfing, entwickelte sich im Erwachsenenalter zu Bändern im kalten Wasser voller Eiswürfel. Kitty will nichts mehr spüren, sie will sich taub fühlen. Oberflächlich betrachtet führt sie ein spannendes Leben: ist jung aus der gehobenen Schicht, Model mit guten Aufträgen, in einer Beziehung und sehr schön. Aber innerlich brodelt es schon länger in ihr. Kaputte Familienbeziehung, die Angst vor Nähe, Enttäuschung und der Wunsch nichts zu fühlen, treiben Kitty immer mehr in die Dissoziation.
Durch einen busy Lifestyle und selbst verursachten Stress versucht sie ihre Gedanken und Gefühle von sich selbst abzulenken, sich nicht mit sich selbst auseinandersetzen oder Verlustängste zulassen zu müssen. Bis sie sich eines Tages für eine Therapie entscheidet, die Jahre dauern, aber ihr Leben und ihre Perspektive auf sich selbst verändern wird.
Was ist so faszinierend an „What Women Want“?
Es ist der Einblick in die intime Gefühlswelt der Therapie, an einen Ort, den Menschen gerne verschlossen halten, nicht offen legen – weder vor sich noch vor anderen. Ehrlichkeit und Mitgefühl machen jede der sieben Geschichten und jede einzelne Therapiesitzung aus. Das Erzählte wirkt nicht aufgesetzt oder beschönigt, es geht auch auf die Misserfolge und Rückschläge ein, die in einer Therapie normal sind. Das Buch macht keine falschen Hoffnungen – es legt schonungslos offen, womit die meisten Menschen, Frauen, heutzutage zu kämpfen haben: mit sich selbst.
(SALI)