Überblick

Versagt der Staat bei der Studienfinanzierung?

Junge Frau, die ernüchternd die Hände hebt, ihre Backen sind aufgeblasen.
Studierende könnten mehr Support gebrauchen – vor allem vom Staat. (Foto: ©stock.adobe.com/carballo)
Die Studienkosten steigen, während die Hilfsleistungen stagnieren. Könnte von staatlicher Seite mehr getan werden, um Studierende zu entlasten?
Donnerstag, 20.03.2025, 10:10 Uhr, Autor: Sandra Lippet

Ein großer Aufreger in puncto Studium ist derzeit, dass viele Studierende auch mit staatlichen und anderen Förderungsprogrammen ihre Studienkosten nicht decken können. Vor allem für junge Menschen aus nicht so gut situierten Familien wird es dadurch immer schwieriger, überhaupt studieren zu können.

Dabei sollte Bildung allen zugänglich sein, unabhängig vom Einkommen der Eltern. In Deutschland ist sie das aber derzeit nicht. Welche Finanzierungshilfen werden von staatlicher Seite geboten, ginge da mehr und wie wird das Thema Studienkosten in anderen europäischen Ländern geregelt? Und was kannst du tun, um dein Studium bestmöglich finanziert zu bekommen? Wir geben einen Überblick.

Studienfinanzierung in Deutschland

Ganz alleine ist man hier nicht, wenn es um die Frage geht: wie stemme ich die Kosten für mein Studium? Neben uniinternen Hilfsangeboten, Stipendien von Institutionen, Vereinen oder privaten Trägern und Studienkrediten, gibt es auch von Seiten des Staates Förderungsmöglichkeiten. Deutschlandweit sind das:

Staatliche Förderungen

  • BAföG-Darlehen: abhängig vom Einkommen der Eltern und anderer Faktoren, bspw. wo wohnhaft, wie viel Eigenkapital etc., können Studierende berechtigt sein, BAföG zu beziehen. Die monatlichen Beträge variieren aber je nach Student:in zwischen 400 bis zu 992 Euro. Davon müssen nach Studienabschluss 50 % wieder zurückgezahlt werden.
  • Deutschlandstipendium: Bund und private Förderer unterstützen hier Student:innen mit 300 Euro monatlich – für unterschiedlich lange Zeiträume. Da es sich um ein Stipendium handelt, muss das erhaltene Geld nicht zurückgezahlt werden. 
  • Hochbegabtenförderung: finanzielle Unterstützung hochbegabter Studierender, bspw. durch die akademische Begabtenförderung, die 13 Stiftungen verbindet, oder den Verein MENSA.
  • Bildungskredit/Studienkredit: Hier handelt es sich um einen weniger hoch verzinsten Kredit, der über die KfW abgeschlossen wird. Beim Bildungskredit können, pro Bildungsabschnitt, bis zu 7.200 Euro, beim Studienkredit bis zu 54.600 Euro ausgereizt werden. Der Betrag muss aber nach dem Studium, nach Ablauf der Kadenzzeit, vollständig plus Zinsen zurückgezahlt werden. 
  • Befreiung Rundfunkbeitrag: BAföG-Berechtigte können sich mit einem Antrag von der GEZ befreien lassen. 

Höchstsätze staatlicher Förderungen (monatlich)

  • BAföG: 992 Euro 
  • Deutschlandstipendium: 300 Euro
  • Bildungskredit: 300 Euro
  • KfW-Studienkredit: 650 Euro

Auch in den einzelnen Bundesländern und Universitäten greifen verschiedene Studienfinanzierungshilfen, bspw. Stipendien des Elitenetzwerk Bayern oder die Darlehens- oder Notfalldarlehenskasse des Studierendenwerkes Hamburg. Welche Möglichkeiten du speziell in deinem Bundesland/an deiner Uni hast, kannst du dir auf der offiziellen Homepage deines Bundeslandes/deiner Uni ansehen.  

Good to know: Kombinieren!

Viele der staatlichen Hilfen lassen sich kombinieren, wie das Deutschlandstipendium mit BAföG oder BAföG mit dem Bildungskredit oder BAföG mit der Befreiung auf Rundfunkbeiträge.

Nur weil du das eine bekommst, heißt es also nicht, dass dir keine andere Förderung mehr zusteht! 

An welchen Stellen versagen die staatlichen Hilfsangebote?

Es scheint nicht an Angeboten zu mangeln, denn davon gibt es einige – trotzdem fühlen sich viele Studierende in Deutschland mit ihrer Studienfinanzierung alleine gelassen und sind damit überfordert. 

Warum ist das so? Wo sehen wir Schwachstellen bei den staatlichen Finanzierungshilfen?

  • Höchstsatz/Regelsatz: weil alles immer teurer wird und das immer schneller, reichen die Regel- und sogar die Höchstsätze vieler Finanzierungsangebote alleine gar nicht mehr aus, um die mit dem Studium verbundenen Kosten zu begleichen. 992 Euro, der monatliche Höchstbetrag des BAföGs, deckt in preisintensiven Städten wie München, Köln oder Berlin im Glücksfall vielleicht die Unterkunftskosten und lässt noch einen kleinen Betrag für die Lebenshaltungskosten übrig – aber selbst zusammen mit dem Deutschlandstipendium wird es eng zu überleben. Das heißt, die wenigen Student:innen, denen überhaupt der Höchstsatz zusteht und die noch dazu auch für andere Zahlung berechtigt sind, müssen in der Praxis oft trotzdem noch neben dem Studium arbeiten gehen. Das ist irgendwie belastend.
  • Kriterien: sehr gute Noten, Einkommen der Eltern, politische oder religiöse Gesinnung – je nach Förderungsoption muss eine nicht zu unterschätzende Vielzahl an Faktoren gegeben sein, damit Studierende überhaupt für das Stipendium/die BAföG-Zahlungen und Co. zugelassen werden/berechtigt sind. Wer die Kriterien nicht erfüllt, geht leer aus – und es ist lange nicht gesagt, dass nur, weil jemand aus einem finanziell stabilen Elternhaus kommt, damit seine oder ihre Studienfinanzierung abgesichert ist ... 
  • Rückzahlungen: Beim Studienkredit und BAföG sind regelmäßige Auszahlungen zwar gesichert, aber genauso sicher ist, dass der gesamte Betrag plus Zinsen oder mindestens der halbe Betrag nach Abschluss des Studiums zurückgezahlt werden muss. Das heißt: Studierende, die eine dieser Fördermöglichkeiten annehmen, starten verschuldet in ihr Berufsleben. Vor allem in der Medien-, Kommunikations- oder Verlagsbranche und auch anderen Berufsbereichen ist ein hohes Einstiegsgehalt aber nicht sicher. Je nach Darlehenshöhe kann das Abzahlen also Jahre bis Jahrzehnte dauern.
  • Bürokratie und Co.: Bewerbungen, Motivationsschreiben, Nachweise, Anträge, Unterlagen und Dokumente – für viele schon vor dem Beginn des Studiums und der damit verbundenen finanziellen Unsicherheit eine Hürde. Denn so wirklich einfach, sich für BAföG, Stipendien oder Co. zu bewerben, ist es nicht. Außerdem ist es ein zeit- und kräfteraubender Prozess, der dazu führen kann, dass junge Menschen schon vor ihrem Studium überfordert sind.
  • Aufklärung: vielen Studierenden, die sich finanziell in einer Notlage befinden, sind ihre Möglichkeiten auf staatlicher, universitärer oder Bundesland-Ebene gar nicht bewusst, weil an den richtigen Stellen nicht genug Aufklärungsarbeit geleistet wird und man schwer Informationen finden kann, wenn man nicht unbedingt weiß, wonach man sucht. 

Einblick: Studienfinanzierung in Europa

In nahezu allen Ländern gibt es staatlich geförderte Stipendien und Finanzierungskonzepte, die dem deutschen BAföG ähneln. In Österreich bspw. können Studierende Familienbeihilfe fürs Studium oder Studienbeihilfe beantragen, in Frankreich haben Studierende Anspruch auf finanzielle Unterstützung beim Wohnen – was dem deutschen Wohngeld nahekommt.

Im Vergleich schneiden Deutschlands staatliche Finanzierungshilfen nicht schlechter ab als in anderen europäischen Ländern. Das heißt: Es gibt sie, aber entweder als Stipendien oder als Vorstrecken von Geldern, die nach dem Studium ganz oder teilweise wieder zurückgezahlt, oder für deren Auszahlung jedenfalls viele Faktoren erfüllt werden müssen. Das heißt: Die Gelder staatlicher Finanzierungshilfen in Deutschland und in einem großen Teil Europas stehen nicht automatisch allen Student:innen zu – mit einer Ausnahme: Dänemark.

Sonderfall: Dänemark

Umgerechnet 820 Euro – also 6090 dänische Kronen – bekommt jede:r Student:in monatlich vom dänischen Staat, und zwar geschenkt. Die SU, Statens Uddannelsesstøtte, ist dabei unabhängig vom Einkommen der Eltern, sie steht grundlegend allen dänischen Studierenden zu und sie muss, im Gegensatz zum BAföG, nur versteuert, aber nicht zurückgezahlt werden.

In Dänemark gilt also nicht nur ein universelles Recht auf staatliche Förderung, sondern auch der Grundsatz: Bildung ist für alle möglich, nicht nur für Menschen, die oder deren Familien es sich leisten können

((hab ich schon gesagt, wie sehr ich Dänemark liebe? SEHR!!))

Wo könnte der deutsche Staat noch nachjustieren?

Natürlich ist der Staat nicht alleine für die Studienfinanzierung seiner Student:innen verantwortlich – außer in Dänemark eben, Applaus für Dänemark! Man kann schon erwarten, dass junge Menschen, wenn sie sich weiterbilden wollen, auch etwas dafür tun, sich einbringen, informieren, nebenzu ein paar Stunden arbeiten gehen oder sowas.

Aber – und jetzt kommt ein großes ABER: Wer studiert, kann nach dem Studium im Schnitt ein höheres Gehalt erwarten als nach einer Ausbildung und zahlt dann auch prozentual mehr Steuern. Davon profitiert der Staat längerfristig. Also könnte man junge Studierende von Staatsseite als Investition betrachten, die sich so oder so auszahlt. Warum das allgemein nicht so gesehen wird, v.a. auch in Hinblick auf den Fachkräftemangel: Ich weiß es nicht. 

Vielleicht dauert es noch, bis Deutschland Bildung allgemein als Investition in die Zukunft und nicht als finanzielle Belastung betrachtet, vielleicht wird das nie der Fall sein. Was man aber schneller und leichter ändern könnte, sind die Hürden, die finanziell schlechter gestellte Studierende bei der Studienfinanzierung haben. Heißt: mehr Aufklärungsarbeit leisten, Bürokratieangelegenheiten vereinfachen, Höchstsätze an die aktuellen Wohn- und Lebenshaltungskosten anpassen, Zinsbremsen einführen oder Rückzahlungen runtersetzen. Wäre jedenfalls mal ein Anfang ... 

Was kannst du aktiv tun, um bestmöglich dein Studium finanziert zu bekommen?

Viele Infos, viele Fakten, viel Gemecker – aber was bringt dir das jetzt? Was kannst du tun, wenn du kaum bis gar keine finanziellen Mittel zum Studieren hast? Hier unsere Hacks:

  • Bewirb dich auf alle staatlichen Finanzierungsangebote, die es gibt: egal, ob BAföG, Stipendien oder anderes – probier es wenigstens, denn mehr als eine Absage kann nicht passieren.
  • Informier dich über deine Uni und dein Bundesland, ob es noch, von den staatlichen Angeboten abgesehen, gesonderte Möglichkeiten für deine Studienfinanzierung gibt: Bewirb dich hier auch auf alles.
  • Überleg dir einen Plan B und am besten gleich einen Plan C: Was ist, wenn dir wirklich keine Förderung zusteht? Kannst du dir einen Nebenjob, eine Werkstudierendenstelle zulegen? Wäre ein Studienkredit eine Option für dich?
  • Versuch die finanziellen Mittel, die du hast, zusammenzuhalten: ob durch einen Haushaltsplan, Angebote in Discountern oder Studienrabatte, wenn du wenig Geld hast, solltest du alles tun, um zu sparen. Gebraucht kaufen, anstatt neu, einer Foodsharinggruppen beitreten, Accounts mit Mitbewohner:innen sharen – es gibt echt gute Optionen, Ausgaben zu senken.

Ich weiß: sich um das alles kümmern zu müssen ist anstrengend und nervt. Vor allem, weil davor nicht ganz klar ist, ob und welche Fördermöglichkeiten dir eigentlich zustehen. Aber versuchs einfach, denn in den meisten Fällen lohnt sich der Aufwand. Wir drücken dir jedenfalls dir Daumen!

(BMBF/Bayernportal/Arbeitsagentur/STMWK Bayern/deutschlandstipendium/SALI)

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