Brauchst du eine Berufsunfähigkeitsversicherung?
Rund 20 % der deutschen Arbeitnehmenden werden im Verlauf ihres Lebens mindestens einmal berufsunfähig. Sie können für ihr Einkommen also kurz- oder längerfristig nicht durch die Ausübung ihres Berufes aufkommen. Das ist jede:r Fünfte. Natürlich greifen in diesen Fällen dann Kranken- und Sozialversicherung, nur wissen wir alle, dass die Grundsicherung, Bürgergeld und Co. kein komfortables Dasein ermöglichen …
Ist dir das Risiko also zu hoch, mal durch einen Unfall oder eine Krankheit berufsunfähig zu werden und du möchtest für deine Zukunft vorsorgen, kannst du über den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung nachdenken. Ob sie sinnvoll sein kann, was die Nachteile sind und alles, was du sonst noch darüber wissen solltest, haben wir dir hier recherchiert.
Ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung wirklich sinnvoll?
In der Theorie ist so eine Versicherung für alle nicht schlecht, die für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen müssen. Jetzt denkst du viell.: das müssen wir doch alle. Ja und nein. Denn, wenn man aus einer wohlhabenden Familie kommt oder schon größere Rücklagen hat, hat man natürlich auch finanziell mehr Sicherheit als Menschen, die monatlich für ihr Budget arbeiten und damit haushalten müssen.
Vor allem bei Zweiteren ist eine Absicherung in Form einer Berufsunfähigkeitsversicherung dann natürlich sinnvoll – denn Bürgergeld und Co. alleine decken im Ernstfall den Lebensstandard sowie potenziell laufenden Kreditzahlungen und Ähnliches vielleicht nicht ab. Und das wäre dann ungut.
Das Prinzip einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ist, dass du sie bestenfalls möglichst jung und gesund abschließt, dir dabei ausrechnest wie viel Geld du monatlich ausgezahlt bräuchtest und wie lange, bspw. bis zur Rente, und dann einen bestimmten Betrag monatlich einzahlst, um im Ernstfall den festgelegten Betrag über die gesamte Dauer, auf die du dich versichert hast, ausgezahlt zu bekommen.
So weit, so gut. Um eine Versicherung abschließen zu können, musst du deine Vorerkrankungen angeben – und es wird das Risiko in deinem Beruf mit kalkuliert. Weil es bei der Versicherungssumme und der Höhe der monatlichen Zahlungen auch darauf ankommt, wie gefährlich dein Beruf ist – Höhlenforscher:in sein ist potenziell mit mehr Risiko verbunden als Sozialpädagog:in.
Bei welchen Krankheiten bekommt man keine BU?
Nahezu ausgeschlossen ist die Aufnahme in eine Berufsunfähigkeitsversicherung bei chronischen Erkrankungen wie MS, Rheuma, Neurodermitis, starkem Diabetes und Vorerkrankungen wie bösartigen Tumoren oder Herzinfarkten.
Für welche Berufe besonders sinnvoll?
Grundlegend kann man sagen: für jeden Beruf, von dem du finanziell abhängig bist, ist eine BU sinnvoll. Bei gefährlichen Jobs, wie Kriminalkommissar:in oder Profisportler:in kann sie noch sinnvoller sein – aber nicht von allen Versicherungsträgern wird für jede Berufsgruppe eine BU angeboten. Und bei Jobs, die für Körper und Seele als gefährlich eingestuft werden, muss man mehr zahlen, mind. einen sog. Risikoaufschlag.
Willst du später beruflich mal komplett eigenständig arbeiten und dir was aufbauen, ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung extrem sinnvoll. Du zahlst nämlich im Vergleich zu Angestellten als Selbstständige:r weniger Sozial- und sonstige Abgaben und bist dementsprechend nicht abgesichert, wenn du aus dem Nichts heraus plötzlich nicht mehr arbeiten kannst.
Ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung als Student:in sinnvoll?
Der Abschluss einer BU ist sinnvoll, wenn du ihn so jung und gesund wie möglich machst. Es ist also sinnvoller, eine BU während des Studiums abzuschließen als eben erst danach. Das hat damit zu tun, dass die Konditionen und das Preis-Leistungs-Verhältnis bei den meisten Versicherungen immer am besten sind, wenn du sie möglichst jung abschließt – und bestenfalls kaum bis keine Vorerkrankungen hast.
Manche Versicherungsträger bieten extra Tarife für Studierende an. Vergleiche aber immer, am besten mit eine:r Expert:in und nicht nur im Netz, die Optionen, Leistungen und Preise mehrerer BU’s, denn manche locken mit günstigen Konditionen junge Menschen an und setzen später die Beiträge so hoch an, dass du in der Summe sogar draufzahlst!
Studierst du aus Spaß und bist später nicht finanziell von deinem Beruf abhängig, weil wohlhabendes Elternhaus oder Co. ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung für dich nicht so sinnvoll. Sie ist nur vorteilhaft, wenn du Sicherheit brauchst, nicht, wenn du schon komplett abgesichert bist.
Wie viel kostet eine Berufsunfähigkeitsversicherung als Student:in?
Eine BU kannst du schon ab 15 Euro im Monat abschließen. Der Beitrag, den du zahlst, richtet sich aber immer nach der Auszahlungssumme, dem Zeitraum, der abgedeckt wird, deinem Alter und deinen Vorerkrankungen – heißt: er kann je nach Person und Versicherung sehr stark variieren.
Für wen ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung nicht sinnvoll?
- Menschen, die nicht auf ihr Einkommen angewiesen sind
- Beamt:in auf Lebenszeit, weil sie von staatlicher Seite für den Ernstfall besser abgesichert sind
- Hausfrauen/-männer, die vorhaben überhaupt nicht mehr oder nur noch sehr wenig nebenbei zu arbeiten
Was sind die Nachteile einer Berufsunfähigkeitsversicherung?
- Es sind nicht alle Leute, die eine BU haben möchten, versicherbar. Das kann gesundheitliche und/oder berufliche Gründe haben.
- Wirst du nicht berufsunfähig, hast du umsonst gezahlt, denn das Geld bekommst du i.d.R. nicht zurück. Du könntest es also als Sicherheit auch anderweitig anlegen.
- Lebenslange Versicherung oder jedenfalls bis zum Renteneintritt – du zahlst über Jahrzehnte, um deine Sicherheit nicht zu verlieren. Bei einer BU ist es auch ein wenig komplizierter, den Versicherungsträger zu wechseln.
- Wird auf Grundsicherung angerechnet: solltest du aus Gründen ins Bürgergeld rutschen, wird deine Berufsunfähigkeitsversicherung damit verrechnet. Heißt: es kann sein, dass du mit BU genauso wie mit Grundsicherung dastehst, aber dafür auch noch jahrelang Beiträge bezahlt hast.
Wann bekommt man die Berufsunfähigkeitsversicherung ausgezahlt?
Wenn du in deinem zuletzt ausgeübten Beruf zu 50 oder mehr Prozent nicht mehr arbeiten kannst und das voraussichtlich länger nicht mehr, dann greift i.d.R. deine BU. Es kann aber sein, dass sie nicht sofort, sondern erst nach 3-6 Monaten ausgezahlt wird. Je nach Versicherung und Vereinbarungsdetails musst du in dieser Zeit oft keine Beiträge zahlen und bekommst rückwirkend auch die Monate, die du gewartet hast, erstattet. Die Details findest du immer im Versicherungsvertrag – und die solltest du klären, bevor du diesen unterschreibst.
Die BU wird dir dann in monatlichen Zahlungen in der vereinbarten Höhe überweisen und das so lange wie du es vertraglich festgelegt hast, bzw. solange, bis du wieder arbeitsfähig wirst. Funfact, der nicht funny ist: es kann sein, dass du die Auszahlungen deiner Berufsunfähigkeitsversicherung versteuern musst – in manchen Fällen 80 – 100 % davon, in manchen gar nicht. Informier dich auch darüber rechtzeitig.
In welchen Fällen zahlt die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht?
Da es bei der BU um sehr viel Geld geht, prüft die Versicherung im Ernstfall ganz genau, ob sie an den/die Versicherte:n ausbezahlt wird. Gründe, wieso eine Berufsunfähigkeitsversicherung auch im Falle der Berufsunfähigkeit nicht aufkommt, können sein:
- Nicht den Status ‚berufsunfähig‘ erreicht: für die Auszahlung muss ein:e Arzt/Ärztin dich aus medizinischer Sicht explizit als ‚berufsunfähig‘ bezeichnen. Das ist manchmal schwerer als man denkt, da bei Unfällen und Co. oft nicht mal von Spezialist:innen mit Sicherheit gesagt werden kann, ob und wie lange ein Zustand anhält.
- Anzeigepflicht verletzt: die Versicherung prüft vor der Auszahlung nochmal alle Unterlagen – auch deine medizinischen – und das sehr genau. Hast du aus Versehen vor Vertragsabschluss eine Krankheit nicht oder falsch angegeben, kann es sein, dass du damit deine Anzeigepflicht verletzt hast und die Versicherung nun nicht für dich aufkommt.
- Fehler beim Antrag und den Nachweisen: die BU muss bei Krankheit/Unfall beantragt werden und der Status ‚berufsunfähig‘ nachgewiesen. Kommt es hier zu Fehlern, kann die Versicherung ebenfalls die Auszahlung verweigern.
- Verweisklauseln werden geltend gemacht: manche Versicherungen haben Verweisklauseln in ihrem Vertrag, die besagen, sie zahlen nur, wenn du auch in einem ähnlichen Beruf nicht arbeiten kannst. Das zu entscheiden liegt im Ernstfall aber bei der Versicherung und wenn diese davon ausgeht, dass der ähnliche Beruf für dich gesundheitlich machbar ist, selbst wenn du nie darin arbeiten wirst, zahlt sie ebenfalls nicht. Schau und lies dir vor dem Vertragsunterzeichnen wirklich jede Klausel und jedes Detail durch – damit du sowas nicht übersiehst.
- Anfechtung/Verdacht auf Betrug: auch, wenn die Versicherungsträger denken, dir steht die Auszahlung nicht zu, weil du betrügst oder sonst was Widerrechtliches tust, wirst du erstmal nichts von deiner BU sehen.
Fazit: Würden wir dir zu einer BU raten?
Wenn du dir wirklich frühzeitig Sorgen um deine Zukunft machst und Sicherheit für dich schaffen willst, ist der Abschluss einer BU schon während des Studiums sinnvoll. So sicherst du dir die besten Konditionen. Du solltest vor dem Abschluss aber alle Details nachlesen und dich genau informieren, was alles bedeutet, damit es nachträglich nicht zu bösen Überraschungen kommt.
Wirklich brauchen solltest du eine Berufsunfähigkeitsversicherung eig. nur, wenn du vorhast später mal ausschließlich als Selbstständige:r zu arbeiten, ansonsten sollte man in Deutschland durch Kranken-, Renten- und Sozialversicherung für den absoluten Worst Case wenigstens in der Theorie abgesichert sein.
(berufsunfähigkeitsversicherung/verbraucherzentrale/vkb/bundversicherten/SALI)